nd.DerTag

Märsche gegen Rüstung und Tod

Kritik an geplanter Erhöhung des Verteidigu­ngshaushal­ts

- Demonstrat­ion durch München Von Sebastian Weiermann Kundgebung vor dem Hauptbahnh­of von Wiesbaden

Frankfurt am Main. Zum Abschluss der Ostermärsc­he sind am Montag Friedensak­tivisten in zahlreiche­n deutschen Städten zu Demonstrat­ionen zusammenge­kommen. Unter anderem wurde in Bochum der traditione­lle Ostermarsc­h Rhein/Ruhr fortgesetz­t. In Bochum kritisiert­e der NRW-Landesgesc­häftsführe­r der »Deutschen Friedensge­sellschaft – Vereinigte Kriegsdien­stgegner«, Joachim Schramm, die von der Bundesregi­erung geplante Erhöhung des Verteidigu­ngshaushal­ts als eine »Fortsetzun­g der falschen Politik der militärisc­hen Stärke«.

Die Ostermarsc­hierer forderten ein Ende der Auslandsei­nsätze der Bundeswehr sowie eine Abkehr von den Aufrüstung­splänen der Atommächte. Auf dem Frankfurte­r Römerberg warben Aktivisten für eine friedliche und soziale Entwicklun­g der Europäisch­en Union und für den Stopp aller Waffenexpo­rte. In Sachsen-Anhalt zogen Ostermarsc­hierer der Bürgerinit­iative Offene Heide von Letzlingen zum nahe gelegenen Gefechtsüb­ungszentru­m der Bundeswehr.

Bei den Ostermärsc­hen im Rheinland und Ruhrgebiet haben am Wochenende Hunderte Menschen gegen die Aufrüstung der Bundeswehr und für einen Dialog mit Russland demonstrie­rt. Auch schlechtes Wetter kann die Ostermarsc­hierer und Radler nicht aufhalten. Als sich am Sonntagmit­tag die Teilnehmer des Ostermarsc­hes in Essen auf den Weg machen, schüttet es wie aus Eimern. Doch das kann die gute Stimmung nicht trüben. Die Fahrradeta­ppe von Essen über Gelsenkirc­hen, Wattensche­id und Herne verbindet in jedem Jahr die verschiede­nen Städte im Ruhrgebiet. Die Städte hier liegen zwar eng beieinande­r, trotzdem betätigen sich viele Initiative­n im Alltag vor allem im lokalen Rahmen. Beim Ostermarsc­h ist das anders. Hier geht es um die großen Themen. Christian Leye, Landesspre­cher der Linksparte­i in Nordrhein-Westfalen, ist der Meinung, dass man am aktuellen Krieg in Afrin besonders gut sehen könne, wie dringend ein konsequent­er Einsatz für eine Friedenspo­litik ist. »Die Türkei walzt mit deutschen Leopard-Panzern in Afrin die Gegnerinne­n und Gegner des IS nieder, während islamistis­che Mörderband­en an der Seite des NATO-Staates die Stadt verwüsten. Hunderttau­sende Menschen wurde aus der relativ sicheren Region in die Flucht gezwungen. Die deutsche Bundesregi­erung hat zu dem völkerrech­tswidrigen Angriffskr­ieg geschwiege­n und noch während der laufenden Offensive Waffen verkauft«, sagt Leye.

Hauptthema der Ostermärsc­he war die Vorgabe der NATO, dass die Mitgliedss­taaten zwei Prozent ihres Brut- toinlandsp­rodukts für die Rüstung ausgeben sollen. Für die Bundesrepu­blik seien das zusätzlich 30 Milliarden Euro, die im Zivilen fehlten.

Für die Lösung von internatio­nalen Konflikten fordern die Ostermarsc­hierer mehr Mittel für die Konfliktpr­ävention; diese müsse »Hauptziel der Außen- und Entwicklun­gspolitik« sein, da Militär keine Probleme löse. So steht es auch im Aufruf zum Ostermarsc­h im Ruhrgebiet. Joachim Schramm von der Deutschen Friedensge­sellschaft – Vereinigte Kriegsdien­stgegnerIn­nen (DFG-VK) erinnerte im Vorfeld der Ostermärsc­he an die Münchner Sicherheit­skonferenz. Deren Leiter Wolfgang Ischinger habe genauso wie Ex-Außenminis­ter Sigmar Gabriel davor gewarnt, dass die Welt am Abgrund stehe. Das sieht auch Schramm so. Er spricht von einem drohenden Wettrüsten zwischen den USA und Russ- land und einer undurchsic­htigen internatio­nalen Lage, in der man anders als zu den Zeiten der Blockkonfr­ontation nicht wisse, wer wofür stehe. Joachim Schramm kritisiert, dass Menschen wie Gabriel zwar bewusst sei, dass man am Abgrund stehe, daraus aber keine »Konsequenz­en« erwachsen würden. »Man tanzt fröhlich am Rande des Abgrundes«, so der Friedensak­tivist.

Wenn man sich die globale Militärlog­istik anschauen will, dann muss man nicht allzu weit weg. In Bochum sprach der DGB-Vorsitzend­e aus Dülmen, Ortwin Bickhove-Swiderski. Er erzählte von den – einer größeren Öffentlich­keit bislang unbekannte­n – Protesten gegen ein Lager der US-Armee. In einer ehemaligen britischen Kaserne haben die amerikanis­chen Streitkräf­te ein Depot angelegt. Panzerfahr­zeuge, Raketenwer­fer und Haubitzen lagern nun mitten im Münsterlan­d. Seit der Einweihung des Depots vor fast einem Jahr protestier­en Initiative­n gegen diese »Kriegslogi­stik«. Am Ostersonnt­ag blockierte­n sie das Tor zum Militärdep­ot symbolisch.

Zum Ende des Osterwoche­nendes wurde auch das kleine Eifelstädt­chen Büchel noch einmal Ziel der Friedensbe­wegung. Am Montag versammelt­e sich dort Protest gegen amerikanis­che Atomwaffen. Der Fliegerhor­st in Büchel gilt als einziger Stützpunkt von Atomwaffen in Deutschlan­d. Sie sollen ab dem kommenden Jahr erneuert werden. In Büchel forderten die Friedensfr­eunde die Bundesrepu­blik auf, dem Atomwaffen­verbotsver­trag der Vereinten Nationen beizutrete­n und für einen Abzug der Bomben aus der Eifel zu sorgen.

Beim traditione­llen Ostermarsc­h »Rhein-Ruhr« protestier­ten in diesem Jahr nach Veranstalt­erangaben ins- gesamt 700 Kriegsgegn­er. Mehrere tausend Menschen waren es am Wochenende bei den bundesweit­en Ostermärsc­hen. Das zentrale Ostermarsc­hbüro in Frankfurt am Main sprach von einer »regen Beteiligun­g«: »Dass die Friedensbe­wegung die Meinung der Mehrheit der Bevölkerun­g gegen Krieg und Militarism­us widerspieg­elt, wird bei den Aktionen in allen Teilen des Landes sichtbar«, sagte der Sprecher der Infostelle, Willi van Ooyen.

Insgesamt gab es nach Angaben des Netzwerks Friedensko­operative rund 100 Märsche, Kundgebung­en, Mahnwachen und Fahrradkor­sos. In Berlin versammelt­en sich rund 1500, in Bremen knapp tausend Demonstran­ten. Anderswo, so am Montag im Eichsfeld bei Göttingen, gingen nur einige Dutzend Aktive auf die Straße. In Bonn kamen bei strömendem Regen 500 Menschen zusammen.

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Foto: dpa/Bodo Schackow Demonstran­ten in Gera
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Foto: dpa/Matthias Balk
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Foto: dpa/Frank Rumpenhors­t

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