nd.DerTag

Das Potenzial ist da

Sebastian Bähr über die Schwächen der Ostermarsc­hbewegung

-

Groß- und Regionalmä­chte treffen in verschiede­nen Konflikthe­rden wie lange nicht mehr direkt aufeinande­r, vor allem in Syrien. Ob Waffenlief­erungen für die Türkei oder Logistik für den Drohnenkri­eg der USA, die Bundesregi­erung ist an zahlreiche­n Schweinere­ien mindestens indirekt beteiligt. Theoretisc­h könnten die Bedingunge­n für eine starke linke Friedensbe­wegung nicht besser sein, doch an den jüngsten Ostermärsc­hen nahmen wieder nur einige Tausend teil.

Dies hat mehrere Gründe. Nicht wenige kritisiere­n eine Schwarz-WeißSicht vieler Ostermarsc­hierer, in der Russland und seine Verbündete­n das Opfer, die USA und ihre Verbündete­n der Aggressor sind. Dieses Weltbild kommt spätestens in Syrien an Grenzen. Auch die Abgrenzung der Friedensbe­wegung gegenüber Rechtsradi­kalen, Verschwöru­ngstheoret­ikern und Fans autoritäre­r Regimes reicht oft nicht aus. Ein »jeder ist willkommen« bringt Widersprüc­he, die diskutiert werden müssen. Die Beleidigun­g eines Ministers als »NATO-Strichjung­e« hat nichts mit emanzipato­rischer Politik zu tun. Neben einer inhaltlich­en Reflexion müsste die Bewegung auch überlegen, wie sie fernab der ritualisie­rten Märsche Druck aufbauen kann. 2003 gingen Millionen gegen den Irak-Krieg auf die Straßen – passiert ist nichts. Für junge Friedensbe­wegte eine frustriere­nde Erfahrung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany