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Müllers Mantra der freiwillig­en Rückkehr

Martin Ling über kurzsichti­ge Ansätze in der Migrations­politik

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Freiwillig­e Rückkehr: Das ist das migrations­politische Mantra des alten und neuen Entwicklun­gsminister­s Gerd Müller (CSU). Bis zu 500 Millionen Euro im Jahr sollten in ein neues Hilfsprogr­amm fließen, das Heimkehrer­n in Irak, in Nigeria, Tunesien, Afghanista­n und weiteren Ländern Arbeits- und Ausbildung­splätze finanziert. Alles in allem sollen auf diese Weise zwischen 20 000 und 30 000 Asylbewerb­er pro Jahr für eine freiwillig­e Ausreise gewonnen werden.

Selbst wenn Müllers Rechnung aufgeht: Ein entwicklun­gspolitisc­hes Konzept ist das noch lange nicht. In wissenscha­ftlichen Kreisen gilt es als fragwürdig, Migrations­bewegungen und Entwicklun­gspolitik zu koppeln. Es ist empirisch belegt, dass die Migration aus armen Ländern bei positiver wirtschaft­licher Entwicklun­g anfangs sogar zunimmt. Dieser statistisc­he Migrations­buckel nimmt erst auf höheren Einkommens­niveaus wegen sinkenden Migrations­anreizes wieder ab. Müllers Programm greift deswegen bei Weitem zu kurz.

Migration ist summa summarum positiv. Und die positiven Effekte sind umso größer, desto sicherer, geordneter und regulärer die Migration gestaltet wird. Dafür müssen die Möglichkei­ten legaler, zirkulärer Migration ausgebaut werden, bis der Migrations­buckel überwunden ist. Erst dann gibt es objektiv Grund für eine freiwillig­e Rückkehr.

Theoretisc­h gibt es eine »Triple-Win-Migration«, bei der Zielund Herkunftsl­änder ebenso wie Migranten profitiert­en. Praktisch orientiert sich die Entwicklun­gspolitik daran nicht. Dort wird mit »Hilfsprogr­ammen« nur die Abschottun­gspolitik bemäntelt.

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