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Kambodscha­s mörderisch­es Geschäft mit dem Tropenholz

Umweltschü­tzer, die gegen illegalen Raubbau aktiv werden, leben gefährlich

- Von Marta Kasztelan, Phnom Penh

Das illegale Abholzen von Regenwald ist in Kambodscha ein riesiges Geschäft. Umweltschü­tzer vermuten, dass korrupte Beamte daran kräftig verdienen. Das Naturreser­vat von Keo Seima gehört zu den Gegenden, von denen es auch in Südostasie­n nicht mehr allzu viele gibt. Im dichten Urwald von Kambodscha, weitab von der Hauptstadt Phnom Penh und den Tempeln von Angkor Wat, an der Grenze zu Vietnam, kann man sogar noch Tiger finden. Aber auch den Tod. Wie die drei Männer, die zuletzt auf Patrouille gegen das illegale Abholzen von Tropenholz erschossen wurden. Zwei Förster und ein Umweltschü­tzer – sie wurden vermutlich Opfer einer mächtigen Holzmafia.

Warum genau das Trio Ende Januar getötet wurde, ist bis heute nicht geklärt. Bekannt ist, dass die drei Männer Kettensäge­n und Motorräder von Holzfäller­n, die dort ohne Genehmigun­g unterwegs waren, be- schlagnahm­t hatten. Dann starben sie durch Kugeln, die aus den Gewehren der Grenz- und Militärpol­izei kamen. Inzwischen wurden sechs Verdächtig­e verhaftet. Es gibt aber Zweifel, ob es sich bei ihnen tatsächlic­h um die Täter handelt.

Auf jeden Fall zeigt die Geschichte, zu welch mörderisch­em Geschäft die illegale Rodung von Kambodscha­s Wäldern inzwischen geworden ist. Umweltschü­tzer berichten von einer höchst korrupten Verbindung aus Holzfäller­n, örtlichen Behörden und der Armee. Häufiger schon wurde beobachtet, dass Soldaten Wache stehen, wenn die Kettensäge­n verbotener­weise zum Einsatz kommen. Den Rangern, die das eigentlich verhindern sollen, ist es verboten, Waffen zu tragen.

In dem südostasia­tischen Staat hat die Abholzung der Regenwalde­s gewaltige Dimensione­n angenommen. Nach einer Studie des Online-Portals »Open Developmen­t Cambodia« waren 1973 noch 72 Prozent der Landesfläc­he bewaldet. 2014 waren es noch 48 Prozent. Satelliten-Aufnah- men zeigen, dass es inzwischen noch schlimmer geworden ist. Die Umwelt-Agentur Environmen­t Investigat­ion Agency (EIA) mit Sitz in London legte kürzlich Beweise vor, dass auch in Schutzgebi­eten illegal Tropenholz geschlagen wird.

»Kambodscha ist von einer seuchenart­igen Vetternwir­tschaft aus Magnaten und Investoren befallen.«

Phil Robertson, Asien-Experte

Meist wird das Holz dann über die Grenze nach Vietnam transporti­ert, dort zu Luxusmöbel­n verarbeite­t und dann weiter nach China gebracht. In der Volksrepub­lik gibt es einen riesigen Markt für teure Reprodukti­onen von Möbeln der Qung- und MingDynast­ien. Die EIA schätzt ihn auf insgesamt zwei Milliarden Dollar. Seit Länder wie Thailand den Export von Tropenholz verboten haben, konzentrie­rt sich die Nachfrage auf Kambodscha und Myanmar.

Kambodscha­s offizielle Regierungs­linie ist, dass das illegale Abholzen beendet werden muss. Der autoritäre Ministerpr­äsident Hun Sen, der seit mehr als drei Jahrzehnte­n an der Macht ist, setzte vergangene­s Jahr eine Sondertrup­pe ein, die die Holzmafia bekämpfen soll. Dazu sollen von Hubschraub­ern sogar Raketen abgefeuert werden dürfen. Bislang wurden aber keine größeren Erfolge bekannt. So manchem Holz-Magnaten werden enge Beziehunge­n zur Regierungs­partei nachgesagt. Den Tod der drei Männer in Keo Seima nennt das Umweltmini­sterium einen »Einzelfall«.

Umweltschü­tzer sind da ganz anderer Ansicht. Die EIA vermutet, dass korrupte Staatsdien­er am illegalen Holzhandel kräftig verdienen. Pro Kubikmeter soll es bis zu 45 Dollar geben. Die Opposition­spolitiker­in Mu Sochua äußerte sich via »Phnom Penh Post« ebenfalls überzeugt, dass viele Millionen Dollar Bestechung­s- geld in die Taschen von höher gestellten Beamten bei Provinzbeh­örden, Armee und Polizei wandern. »Und zugleich sind einfache Soldaten, Grenzkontr­olleure und Förster zum einfachen Ziel geworden.«

Der Asien-Experte Phil Robertson von der Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch sagte: »Kambodscha ist von einer seuchenart­igen Vetternwir­tschaft aus Magnaten und Investoren befallen, die von einflussre­ichen Beamten unterstütz­t werden und so tun, als ob sie über dem Gesetz stünden.« Der Tod der drei Männer sei kein Einzelfall, sondern Teil einer gezielten Einschücht­erungskamp­agne.

Tatsächlic­h wurde 2012 schon einmal ein Umweltschü­tzer erschossen: ein Mann namens Chutt Vuthy, der zwei Journalist­en bei einer Recherche über illegale Abholzunge­n begleiten wollte. Dafür verurteilt wurde nie jemand. Als jedoch ein Dokumentar­film über den Fall gezeigt werden sollte, verboten die Behörden die Ausstrahlu­ng ohne zu zögern.

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