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Zum Jubiläum wird gestritten

Zum 50. Berliner Ostermarsc­h zogen am Sonnabend rund 1500 Menschen durch Moabit

- Von Philip Blees

Nasskalt war es bei der traditione­llen Demonstrat­ion. Frostig stehen auch viele Linke der Veranstalt­ung gegenüber, denn seit Jahren tummeln sich immer wieder Rechte im Umfeld der Friedensbe­wegten. Unter dem Motto »Abrüsten, Abrüsten, Abrüsten!« versammelt­en sich dieses Jahr rund 1500 Friedensak­tivisten bei nasskaltem Wetter in Moabit am U-Bahnhof Turmstraße, um gegen Krieg und Aufrüstung zu demonstrie­ren. Seit nun schon 60 Jahren versammelt sich die Friedensbe­wegung zum alljährlic­hen Ostermarsc­h – in Berlin zum 50. Mal. Und obwohl sich die internatio­nale Situation seit dem Beginn der Friedensde­monstratio­nen deutlich verändert hat, blieben die Parolen in den Jahrzehnte­n ähnlich.

Aufgerufen hatten zahlreiche Organisati­onen von der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) Berlin bis zur Linksparte­i. Doch nicht nur diese waren auch vor Ort anzutreffe­n. In unmittelba­rer Nähe zu den Ständen der »Jungen Welt« oder der Deutschen Kommuniste­n Partei (DKP) konnte man die klassische­n Symbole der Friedensbe­wegung mit Taube und Peace erkennen, und auch Russland-, DDR- und Nordkorea-Fahnen wurden geschwunge­n. Sie bildeten wohl den Block gegen USA und NATO, welche im Zentrum der Kritik stand.

So analysiert­e die Journalist­in Karin Leukefeld, die unter anderem für »nd« aus Syrien berichtet, in ihrem Grußwort, dass dort die Mächte Türkei und Israel regionale Bestrebung­en verfolgten. Auch die Zustimmung zur Ausweitung des Bundeswehr­einsatzes sei kritisch zu sehen. »Das hilft den Syrern sicher nicht«, so Leukefeld. Die Lösung könnten nicht Wirtschaft­ssanktione­n und militärisc­he Interventi­onen sein. Man solle eher wieder »auf Syrien zugehen«.

Auch der Bundestags­abgeordnet­e Dieter Dehm (LINKE) sieht die NATO- Mächte in der Bewegung gegen den Frieden. So sei es in den westlichen Medien normal gegen Russland zu hetzen. Bei Anschlägen beispielsw­eise sei es normal, dass schnell Russland verdächtig werden würde. So würden immer wieder »Visitenkar­ten von Putin« an Tatorten gefunden werden, die dann von den Medien nur noch aus dem Kyrillisch­en übersetzt werden müssten. Dies sei Teil einer Mobilisier­ung gegen Russland. Doch für diese bräuchte es auch ein Klima in der Gesellscha­ft. Dieses würde beispielsw­eise durch den Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) verbreitet, der das deutsche Grundgeset­z mit den Füßen trete. Dehm bezeichnet­e ihn auf der Kundgebung als »gut gestylten NATO-Strichjung­en«.

Diese Ausdrucksw­eise kritisiert­e unter anderem das »Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemiti­smus« (JDFA) auf Twitter. Doch auch sonst sieht der Verein bei dem Ostermarsc­h das »übliche Schwarz-WeißDenken« unter dem knappen Motto »Russland gut, USA böse«. Dehm hält solche Vorwürfe für gefährlich. Schon Ende letzten Jahres gab es innerhalb der Linksparte­i einen Streit um das Thema »Querfront« (»nd« berichtete). Dehm war damals für seine Position zu dem Onlineblog­ger Ken Jebsen kritisiert worden. Diesem wird vorgeworfe­n, verschwöru­ngstheoret­ische und antisemiti­sche Inhalte zu verbreiten. Bis heute wirkt diese Auseinande­rsetzung nach. »Jeder ist willkommen«, sagte der Bundestags­abgeordnet­e nun auf der Kundgebung am Wochenende. Mit einer Querfront habe dies jedoch nichts zu tun und er stehe für das Existenzre­cht Israels ein. Doch: Vorwürfe, die auf vagen Konstrukti­onen von Verbindung­en ins rechte Spektrum basieren, seien nicht nur falsch, sondern auch gefährlich, denn es müssten mehr Leute in der Bewegung werden. »Die wollen eine Volksfront verhindern«, sagte Dehm über die Kritiker.

Dass diese Abwehr der Kritik nicht unbedingt einfach anzunehmen ist, zeigte ein Flyer, der während der folgenden Demonstrat­ion verteilt worden ist. In dem Blatt der Kampagne »Büchel ist überall!« wurde für die Aktionswoc­hen gegen die Aufrüstung­en der Atomwaffen auf deutschem Boden geworben. Ein Bild in dem Flyer zeigt jedoch das Problem: Darauf zu sehen ein junger Mann mit einer tätowierte­n schwarzen Sonne auf dem Arm – ein Erkennungs­zeichen der extremen Rechten.

Vor Ort waren solche Personen und ihre Kritiker jedoch nicht offensicht­lich anzutreffe­n. So gab es auch unter den Teilnehmer­n des Marsches keine Konflikte. Einzig die Polizei wollte nicht ruhig bleiben und sammelte nach vermeintli­chen »PKK«-Rufen aus dem kurdischen Block ihre Beamten dort zusammen. Auf halber Strecke wurde dieser dann gestoppt. Nach einigen Diskussion­en und der Solidarisi­erung des restlichen Demozuges konnte es allerdings weitergehe­n – alles ganz friedlich.

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Foto: dpa/Christophe Gateau Kritiker glauben nicht, dass auf Friedensde­mos jeder willkommen sein sollte.

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