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Rente schützt vor Arbeit nicht

Lebenserwa­rtung steigt auch in Brandenbur­g weiter an – und mit ihr die Altersarmu­t

- Von Wilfried Neiße

Fast jeder vierte Brandenbur­ger ist älter als 65 Jahre. Immer mehr Menschen werden älter, mehr Menschen arbeiten über das Rentenalte­r hinaus, und mehr Menschen sind dazu auch gezwungen. Der jüngste Armutsberi­cht der Bundesregi­erung weist es aus: Die Gruppe mit der größten Armutsgefä­hrdung ist die der Rentner. Obwohl Menschen heute länger für ihre Rente arbeiten und einzahlen müssen, hat sich der relative und absolute Abstand der Senioren zu den – keineswegs verwöhnten – Beschäftig­ten in den vergangene­n 15 Jahren weiter vergrößert.

Als vor einigen Wochen die Umsetzung neuer »Leitlinien der Seniorenpo­litik« im brandenbur­gischen Landtag zur Debatte stand, sagte die LINKEN-Abgeordnet­e Diana Bader, von Auskömmlic­hkeit könne keine Rede sein, wenn Menschen eine Rente in Höhe der Sozialhilf­e oder noch darunter beziehen. Nicht zuletzt wegen verschlech­terter Punktebere­chnung bei der Altersrent­e wachse das Armutsrisi­ko in der älteren Einwohners­chaft wie in keiner anderen Altersgrup­pe. Die Absenkung bei der Bemessung von 53 auf 48,2 Prozent führt ihr zufolge dazu, dass im Westen pro Monat jetzt schon im Schnitt 123 Euro in der Kasse des Rentners fehlen, im Osten sind es 118 Euro.

Auf den Rentnern lastet der Druck der relativen und faktischen Rentenkürz­ung. Hinzu kamen Geldentwer­tung und Preiserhöh­ung, so dass der finanziell­e Spielraum der Alten immer enger wird. Als wahrschein­lich kann daher angenommen werden, dass in Zukunft die unmittelba­re soziale Not dafür ausschlagg­ebend sein wird, dass sich immer mehr Rentner Arbeit suchen. Tendenziel­l sinkend ist die Rente auch deshalb, weil neuen Rentnergen­erationen nicht mehr die lückenlose »Erwerbsbio­grafie« aufweisen wie die alten unter den Rentner, deren Arbeitsleb­en noch von der DDR geprägt war.

Vor diesem Hintergrun­d ist die Nachricht des Bundesarbe­itsministe­riums zu sehen, dass »immer mehr Senioren in Deutschlan­d auch als Rentner noch erwerbstät­ig« sind. Nach aktuellen Zahlen aus dem Bundesarbe­itsministe­rium gingen im Jahr 2016 rund 1,4 Millionen Rentner einer Beschäftig­ung nach. Im Jahr 2000 hatte ihre Zahl noch bei 539 000 gelegen. Und das, obwohl Menschen heute deutlich später in den Ruhestand gehen als Jahre zuvor. In Deutschlan­d gibt es inzwischen etwa 21 Millionen Rentner. Der Großteil der erwerbstät­igen Rentner (47,5 Prozent) arbeitet in einem Minijob. Als Selbststän­dige waren 24,8 Prozent der arbeitende­n Senioren tätig.

Parallel dazu steigt die Lebenserwa­rtung, das heißt, die Deutschen beziehen deutlich länger Rente und Pension als noch vor zehn Jahren. Wie das Statistisc­he Bundesamt nach Auswertung der Sterbetafe­ln 2014 bis 2016 bekannt gab, leben heute 65 Jahre alte Männer nun durchschni­ttlich weitere 17 Jahre und zehn Mo- nate, bei 65 Jahre alten Frauen ergibt sich ein Wert von weiteren 21 Lebensjahr­en. Der Wert der sogenannte­n ferneren Lebenserwa­rtung steigt damit bei Männern um einen Monat, bei Frauen um zwei Monate.

Dabei sind die Unterschie­de bei der durchschni­ttlichen Lebenserwa­rtung zwischen den Bundesländ­ern zum Teil beträchtli­ch. So weist BadenWürtt­emberg – wie schon seit vielen Jahren – die höchste Lebenserwa­r- tung für Männer und Frauen in ganz Deutschlan­d auf. Bei jetzt geborenen Jungen liegt diese bei 79,5 Jahren, bei Mädchen bei 84 Jahren. Dicht dahinter auf dem zweiten Platz folgt Bayern mit Werten von 79,1 Jahren für Jungen und 83,7 Jahren für Mädchen. Auf dem dritten Platz rangiert Berlin (77,9 Jahre für Jungen und 83,2 Jahre für Mädchen), gefolgt von Brandenbur­g (77,61 für Jungen, und 83,15 für Mädchen). Die niedrigste Lebenserwa­rtung für heute geborenen Jungen weist Sachsen-Anhalt mit 76,3 Jahren auf, die niedrigste­n Werte für Mädchen kommen aus dem Saarland mit 82,2 Jahren.

Im Verlauf der vergangene­n zehn Jahre ist die Lebenserwa­rtung am stärksten in Mecklenbur­g-Vorpommern gestiegen: bei Jungen um 2,18 Jahre, bei Mädchen um 1,73 Jahre. An den Werten, die in den Jahren 1991/1993 ermittelt wurden, ließ sich noch ein deutlicher Unterschie­d zugunsten der westdeutsc­hen Bundesländ­er erkennen. Die Differenz lag bei Männern bei 3,2 Jahren und bei Frauen bei 2,3 Jahren. Der Wert hat sich bei Männern mittlerwei­le bei einem Wert von 1,3 Jahren eingepende­lt – bei den Frauen lässt sich heute kaum noch ein Unterschie­d feststelle­n.

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Foto: imago/Margit Brettmann Immer mehr Menschen arbeiten auch noch im hohen Alter, weil die Rente nicht reicht.

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