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Lkw-Fahrer händeringe­nd gesucht

Sachsen-Anhalt: Verband sieht »Riesen-Überalteru­ng«

- Von Dörthe Hein, Halle

Viele Logistikun­ternehmen in Sachsen-Anhalt stehen vor einem großen Problem: Ihnen gehen die Fahrer aus. Die Männer hinter den Lenkrädern werden immer älter und der Nachwuchs fehlt, wie Zahlen der Regionaldi­rektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagen­tur für Arbeit in Halle zeigen. Waren 2013 noch knapp 25 Prozent der Fahrer älter als 55 Jahre, waren es 2017 fast 28 Prozent.

»Die Fuhrbetrie­be spüren jetzt schon ganz deutlich den demografis­chen Wandel. Ihre Belegschaf­ten altern und es gibt wenig jüngere Beschäftig­te, die nachfolgen«, erklärte der Chef der Arbeitsage­nturen in Sachsen-Anhalt, Kay Senius. »Viele Unternehme­n würden gerne neue Fahrer einstellen, sie finden aber keine.«

Landesweit waren Mitte 2017 laut Regionaldi­rektion rund 20 500 sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­te Lastwagenf­ahrer registrier­t. Das seien zwar ähnlich viele gewesen wie noch 2013. Doch laut Statistik sind inzwischen nur noch rund 330 unter 25 Jahre alt – rund 250 sind 65 Jahre oder älter. Dass die Transportf­irmen zusätzlich­e Kräfte suchen, wissen die Arbeitsage­nturen auch aus deren Stellenmel­dungen. 2013 waren im Jahresschn­itt 338 Stellen für Lastwagenf­ahrer gemeldet, 2017 dann schon rund 600.

Der Geschäftsf­ührer des Landesverb­andes des Verkehrsge­werbes Sachsen-Anhalt, Matthias Schollmeye­r, hält das Problem für noch viel größer. »Viele Unternehme­n melden freie Stellen schon gar nicht mehr.« Sie wüssten, dass sich ohnehin keine Leute dafür finden. Schollmeye­r spricht von einer »Riesen-Überalteru­ng«. Das hohe Durchschni­ttsalter sei auch deshalb problemati­sch, weil viele wegen der körperlich­en Belastung schon mit Anfang 60 in Rente gehen.

Die Zahl der arbeitslos­en Lastwagenf­ahrer schrumpfe stetig, so die Regionaldi­rektion. 2013 sei-

Wegen der körperlich­en Belastung gehen viele schon mit Anfang 60 in Rente.

en im Schnitt 1230 Menschen mit dem Vermittlun­gsziel Berufskraf­tfahrer arbeitslos gemeldet gewesen, im vergangene­n Jahr dann nur noch 634. Das entspreche einem Minus von gut 48 Prozent. Laut Senius haben viele der Fahrer einen Job gefunden, viele seien aber auch schlichtwe­g in die Rente gegangen. »Diejenigen Fahrer, die jetzt noch von Arbeitslos­igkeit betroffen sind, haben häufig größere individuel­le Schwierigk­eiten. Etwa weil sie schon lange arbeitslos, gesundheit­lich eingeschrä­nkt oder weniger mobil sind.«

Der Markt an brauchbare­n Bewerbern sei leer gefegt, unterstrei­cht Schollmeye­r. Der Verband werbe an Schulen und auf Berufsmess­en – doch das tun auch viele andere Berufsgrup­pen. Das Problem liege nicht nur bei den Bewerbern – es bildeten auch zu wenige Unternehme­n in Sachsen-Anhalt aus. »Fast 90 Prozent der Unternehme­n haben maximal zehn Mitarbeite­r, da können sie eine Ausbildung innerbetri­eblich oft gar nicht organisier­en.« Also versuchten die Unternehme­n mit allen Mitteln, ihre Fahrer bei der Stange zu halten – mit meist ordentlich­en Löhnen, betrieblic­her Altersvers­orgung und Gutscheine­n.

Der Job des Lkw-Fahrers ist kein einfacher: Touren durch Europa seien nichts Ungewöhnli­ches, erläuterte die Regionaldi­rektion. Der Termindruc­k sei groß. Fahrer müssten sich auch mit Zollformal­itäten auskennen und gute ITKenntnis­se mitbringen.

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