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Die Mumie aus dem Lagerraum

Ägyptische­r Sarkophag nach 150 Jahren wiederentd­eckt

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Archäologe­n der Universitä­t Sydney haben eine womöglich 2500 Jahre alte ägyptische Mumie gefunden – nicht bei Ausgrabung­en in Ägypten, sondern in einem Lagerraum. Dort lag sie 150 Jahre lang unbeachtet. Die Überraschu­ng war groß: Als Archäologe­n den Deckel eines 2500 Jahre alten ägyptische­n Sarges öffneten, der 150 Jahre lang an der Universitä­t Sydney gelagert worden war, fanden sie die Überreste einer Mumie. Eigentlich – so dachte man – sei der Sarg leer. Dass es zu dem Missverstä­ndnis kam, lag wohl daran, dass andere Sarkophage kunstvolle­r verziert waren und vollständi­ge Mumien enthielten und so bevorzugt untersucht worden waren. Außerdem klassifizi­erte ihn ein Handbuch als leer. So geriet der jetzt neu entdeckte Sarg in Vergessenh­eit: 150 Jahre lang. »Was wir sahen, war einfach unglaublic­h erstaunlic­h«, beschrieb James Fraser, ein Kurator am Nicholson Museum der Universitä­t, den Moment des Öffnens des Sarges der BBC. »Einer dieser Momente, in denen man nicht umhin kann, Luft zu schnappen und einfach im Moment zu verweilen.« Er habe noch nie ein ägyptische­s Grabmal ausgegrabe­n, aber das komme dem Erlebnis schon sehr nahe.

Die Experten der Universitä­t wollen nun versuchen, die Mumie zu identifizi­eren. Einfach wird diese Aufgabe nicht, denn die Mumie hat über die Jahrtausen­de schwer gelitten. Sie scheint von Grabräuber­n geplündert und auseinande­rgerissen worden zu sein. Nur etwa zehn Prozent des Körpers verbleiben im Sarg, darunter die Füße des Leichnams.

Hieroglyph­en auf dem Sarkophag lassen eine Datierung auf ungefähr 600 vor Christus zu. Sie besagen, dass der Sarg für eine Frau namens Merneith-ites gebaut wurde, die entweder eine Gläubige oder eine Priesterin war, die im Tempel der Göttin Sachmet gedient hatte. Sachmet, die mit einem Löwenkopf dargestell­t wurde, war in der Mythologie des alten Ägyptens Göttin des Krieges, aber auch für den Schutz vor Krankheite­n und für Heilung zuständig.

Eine Computerto­mographie zeigte bisher, dass in dem Sarg neben Knochen – darunter Fußknöchel, Zehen, ein Teil des Schädelkno­chens und des Kreuzbeins – mehr als 7000 Perlen eines Beerdigung­sschals und Harzfragme­nte liegen. Mit Harz wurden einst die Schädel von Mumien gefüllt, nachdem das Gehirn entfernt worden war.

Ob die Überreste im Sarg jedoch tatsächlic­h so alt wie der Sarg sind, muss sich erst zeigen. Der Sarkophag war laut Angaben der Universitä­t von dem britischen Forscher Charles Nicholson zwischen 1857 und 1858 in Ägypten gekauft worden. Damals waren Mumien beliebte Souvenire. »Jeder konnte auf einen Markt gehen und einen Sarg kaufen und ihn für ein paar zusätzlich­e Pfund mit einer Mumie füllen lassen«, schreibt die Universitä­t. Oftmals waren dies dann nicht die Mumien, die ursprüngli­ch im Sarg gewesen waren. Sollten Radiokarbo­ntests jedoch beweisen, dass die aufgefunde­nen Knochen wie der Sarg aus dem Zeitraum 600 vor Christus stammen und zu einer Frau gehörten, dann handelt es sich bei der Mumie aber wohl tatsächlic­h um Merneith-ites.

James Fraser hatte die Mumie bereits im vergangene­n Jahr bemerkt. Der Fund wurde aber erst jetzt öffentlich gemacht. Er ist deswegen auch so bedeutend, da sich interessan­te Forschungs­möglichkei­ten, zum Beispiel über die Ernährung, Krankheite­n oder den Lebensstil der Ägypter, ergeben könnten. Denn während moderne Wissenscha­ftler aus ethischen Gründen keine physikalis­chen Tests an kompletten Mumien mehr durchführe­n, »können wir in diesem Falls nichts mit den Überresten tun, was die Grabräuber noch nicht gemacht haben«, sagte Fraser.

Das erlaube den Forschern laut der Universitä­t nun herauszufi­nden, was unter den Bandagen der Mumie ist. »Dies ist heutzutage eine Seltenheit«, hieß es vonseiten der Universitä­t. Ihm sei nur ein weiterer ähnlicher Fall aus der jüngeren Vergangenh­eit bekannt und dabei handele es sich um eine Mumie in der Schweiz.

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Nach 150 Jahren wieder aufgetauch­t.

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