Der saudische Prinz und die Rechte Israels
Mohammed bin Salman plädiert für israelisch-palästinensischen Frieden – ohne konkret zu werden
Saudi-Arabiens Kronprinz hat den Israelis »ein Recht auf ihr Land« zugestanden. Das erregt Aufsehen, gilt das Königreich doch offiziell vor allem wegen der Landfrage als Feind Israels. Es war erwartet worden, dass Saudi-Arabiens Prinz Mohammed bin Salman seine auf drei Wochen angelegte USA-Reise mit Paukenschlägen garnieren würde. Nun gab es den ersten davon: Er sei der Überzeugung, dass »die Palästinenser und die Israelis das Recht auf ihr eigenes Land haben«, sagte Mohammed laut AFP dem Bostoner Magazin »The Atlantic« vom Montag.
Was die Israelis angeht, ist diese Aussage neu für ein Mitglied der saudischen Regierung. Denn Mohammed ist nicht einer der 5000 bis 7000 Prinzen der Saud-Sippe, sondern gewissermaßen deren höchstrangiger: Verteidigungsmi- nister und seit Juni auch offiziell designierter Thronfolger. Bisher galt pro forma noch immer erbitterte Feindschaft des Königreichs gegenüber dem Staat Israel, weil dieser die – nach Mekka und Medina in Saudi-Arabien – heiligsten Stätten der Muslime in Jerusalem widerrechtlich besetzt hält. Deshalb gibt es auch keine diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien.
In der politischen Wirklichkeit ist die einstige Feindseligkeit allerdings längst einer pragmatischen Verständigung gewichen. Beide Staaten haben in den USA ihre Schutzmacht und ihren Hauptlieferanten an strategischen Waffen. So ist aus der einstigen politischen Gegnerschaft in puncto Nahostkonflikt und Rechte der Palästinenser auf einen eigenen Staat auf saudischer Seite nur noch ein wenig Rhetorik zur Befriedigung der arabischen Volksmassen geblieben. Mohammed forderte ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern, ohne konkret zu werden.
Saudi-Arabien begründet seinen Führungsanspruch in der islamischen Welt mit dem Besitz von Mekka und Medina und den dortigen heiligen Pilgerstätten. So wird der Prinz denn auch mit den Worten zitiert, er habe keine religiösen Vorbehalte dagegen, dass Israelis und Palästinenser Seite an Seite lebten, solange die wichtigste muslimische Stätte in Jerusalem, die Al-Aksa-Moschee, geschützt werde. Mit dieser Aussage ohne jegliche Kritik wird man in Israel äußerst zufrieden gewesen sein.
Saudi-Arabien hat bereits 2002 eine Nahostinitiative ins Leben gerufen, die im Prinzip auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinausläuft. Diese erwähnte er jetzt nicht, und es gibt auch keine Anzeichen, dass Kronprinz Mohammed dieser Initiative, die von Israel abgelehnt wird, Nachdruck zu verleihen gedenkt. Was ihm offensichtlich am wichtigsten war, ist die gemeinsame Frontstellung mit Israel und selbstverständlich den USA gegen Iran. Der Kronprinz, selbst treibende Kraft im Krieg Saudi-Arabiens gegen das Nachbarland Jemen, beschuldigte Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei, aggressiver zu sein als Hitler. Letzterer habe Europa erobern wollen, der Ayatollah habe es auf die Welt abgesehen.
Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman gibt sich als Friedensengel. Seine Worte, er spreche den Israelis das Recht auf ein eigenes Land zu, schlugen ein wie eine Bombe.
Dabei gilt der 32-Jährige außenpolitisch als Scharfmacher. Der Kronprinz, der auch Verteidigungsminister und Vizepremier des ölreichen Wüstenstaates ist, hat eine bisher in Saudi-Arabien noch nie dagewesene Machtfülle in seiner Person vereint. Er fährt gegen den Erzfeind Iran einen harten Kurs. Der Sohn des 82 Jahre alten Königs Salman gilt auch als »Vater« des Krieges gegen Jemen. Als Verteidigungsminister hat er die saudische Militärintervention im Nachbarland zu verantworten. Bei seinem Besuch in Washington vor wenigen Tagen lobte US-Präsident Donald Trump die hohen Ausgaben Saudi-Arabiens für Rüstungsgüter aus den USA.
Beliebt machte sich Mohammed bin Salam, der als der starke Mann der Monarchie am Golf gilt, in seinem Land durch eine Reihe von Zugeständnissen, die anderswo längst selbstverständlich sind. Dass Frauen Auto fahren und Stadien besuchen dürfen, wird von der Jugend ebenso begrüßt wie die Zulassung von Kinos.
Seine Ankündigung, das Land zu einem gemäßigten Islam zu führen, verstanden viele Fundamentalisten in Saudi-Arabien als Kampfansage. Für sie bedeutet dies das Überschreiten einer roten Linie.
Doch der Kronprinz duldet keinen Widerspruch. Nachdem er im Juni 2017 den bisherigen Kronprinzen Mohammed ibn Najef verdrängt hatte, ließ er im September einige konservative Kleriker festnehmen. Im November setzte er fast 400 Mitglieder der Königsfamilie, Geschäftsleute und Behördenvertreter fest. Dies wurde als Offensive gegen Korruption »verkauft«. Dazu ließ er große Teile der Militärführung austauschen.
Die Verhaftungswelle brachte dem Kronprinzen jetzt Post von US-Sängerin Cher ein. Sie bat bin Salman, »nett« zu Prinz Turki bin Abdullah zu sein und diesen freizulassen. Der Prinz sei ein »guter Freund« ihres Sohnes Elijah, dem die Festnahme »das Herz gebrochen« habe.