nd.DerTag

Spiegelbil­d der Gesellscha­ft

Stefan Otto über die Chancen eines Generation­enwechsels bei der Polizei

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Nicht überall gleicht die Aufstockun­g der Polizei einer »Aufholjagd«, wie Berlins Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) es nannte. Nachdem in der Hauptstadt jahrelang kein Nachwuchs ausgebilde­t wurde, die Stadt aber wächst, viele Pensionier­ungen anstehen und angesichts der Terrorgefa­hr neue Aufgaben auf die Polizei zukommen, gibt es dort einen Engpass. Andere Länder verzeichne­n dagegen einen Bewerbungs­boom, obgleich Gewerkscha­fter über die Qualitäten der Anwärter nörgeln. Für sie ergeben sich daraus aber eher logistisch­e Probleme, keine gesellscha­ftlichen: Wenn Bewerber abbrechen, müsse halt nachbesetz­t werden. Klingt sehr nüchtern.

Anders in Berlin. Dort kommen mittlerwei­le viele Anwärter aus Einwandere­rfamilien, und nach Zwischenfä­llen an der Polizeiaka­demie gab es eine hitzige Diskussion über den Zustand der Ausbildung. Die Polizeifüh­rung musste sich rechtferti­gen, warum sie den Beruf für neue Milieus geöffnet hat. Ihre Absicht dahinter ist klar und vernünftig: Eine multikultu­relle Stadtbevöl­kerung soll auch durch die Polizei repräsenti­ert werden.

Dieser Berliner Weg könnte auch als Vorbild für andere Länder dienen, in denen auch ein Generation­enwechsel ansteht. Wenn die Polizei zu einem Spiegelbil­d der Gesellscha­ft wird, dann sind die Chancen größer, dass sie auch bürgernah wird und mit Augenmaß vorgeht.

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