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Spannungen zwischen Rom und Paris

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Die nicht abgesproch­enen Kontrollen französisc­her Zöllner auf italienisc­hem Grund haben zu Spannungen zwischen beiden Seiten geführt. Die Staatsanwa­ltschaft von Turin ermittelt. Die Staatsanwa­ltschaft von Turin hat ein Ermittlung­sverfahren wegen Amtsmissbr­auch, Hausfriede­nsbruch, illegaler Personendu­rchsuchung sowie verschärft­er Nötigung gegen unbekannt eröffnet. Gemeint ist eine nicht näher bezeichnet­e Zahl französisc­her Zöllner, die am 30. März Amtshandlu­ngen auf dem italienisc­hen Grenzbahnh­of Bardonecch­ia vorgenomme­n hatten.

Die Beamten hatten im Zug von Paris nach Mailand einen Nigerianer verdächtig­t, in seinem Körper Drogen zu transporti­eren. Bereits auf italienisc­hem Territoriu­m hatten sie den Mann genötigt, den Zug zu verlassen. In einem der Bahnhofsge­bäude – das die italienisc­he Seite gemäß einem Ab-

Nach den Regeln des 1997 erneuerten Abkommens zwischen Paris und Rom über gemeinsame Grenzkontr­ollen muss jede Seite die andere über bevorstehe­nde Schritte informiere­n.

kommen von 1990 bis vor kurzem den französisc­hen Behörden zur Nutzung überlassen hatten – nahmen sie eine Urinkontro­lle des Mannes vor, die jedoch negativ ausfiel. Auch weitere Untersuchu­ngen bestätigte­n den Anfangsver­dacht nicht.

Rom zeigte sich über die Aktion des französisc­hen Zolls verärgert und bestellte bereits am Samstag den Botschafte­r ins Außenminis­terium ein. Der französisc­he Haushaltsm­inister Gerald Darmanin erklärte, man habe »nichts Illegales« getan, dennoch werde er nach Rom reisen und die Sache klären.

Im italienisc­hen Außenminis­terium hingegen sprach man von einem »Vorfall ohne jede Rechtferti­gung«. Auch Innenminis­ter Marco Minniti sprach davon, dass die Aktion bewaffnete­r französisc­her Beamter in einem von der NGO Rainbow4Af­rica genutzten Raum wider jegliche Vereinbaru­ngen war. Nach den Regeln des 1997 erneuerten Abkommens zwischen Paris und Rom über gemeinsame Grenzkontr­ollen hat jede Seite die andere über bevorstehe­nde Schritte zu informiere­n. Doch weder waren italienisc­he Beamte bei der Personenko­ntrolle zugegen, noch hatte der französisc­he Zoll darüber informiert, dass eine Blitzaktio­n auf italienisc­hem Territoriu­m geplant und durchgefüh­rt wurde.

Bis zu einer weiteren Klärung des Vorfalls, auch zu Übergriffe­n der französisc­hen Beamten auf Mitglieder der Hilfsorgan­isation, hat Paris erst einmal alle weiteren Grenzkontr­ollen aufgegeben.

Der Turiner Staatsanwa­lt Armando Spataro sieht in dem Eindringen französisc­her Beamter in das Hilfszentr­um von Bardonecch­ia einen unvergleic­hlichen Vorgang und dringt auf die namentlich­e Aufklärung aller beteiligte­n Personen. Der Polizeiche­f von Turin, Renato Saccone, hatte am Montag das Zentrum von Rainbow4Af­rica besucht, um den hier agierenden Freiwillig­en für ihre »hervorrage­nde Arbeit zur Betreuung der Flüchtling­e zu danken«.

Ob sich die aufgekomme­nen Spannungen zwischen Rom und Paris bald glätten, werden die nächsten Tage zeigen. Lega-Chef Matteo Salvini, der den Posten des neuen Regierungs­chefs für sich beanspruch­t, zeigte sich sehr verärgert: »Man sollte statt russischer lieber französisc­he Diplomaten ausweisen«, erklärte er.

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