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Kontrovers­e um Netzgehege im Bodensee

Baden-Württember­g: Ein Aquakultur-Projekt soll den Rückgang der Fangergebn­isse ausgleiche­n, doch viele Fischer sind dagegen

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Die Berufsfisc­her am Bodensee leiden seit Jahren unter sinkenden Erträgen, sie beklagen den geringen Nährstoffg­ehalt des Wassers. Eine Genossensc­haft will es nun mit der Zucht in Netzgehege­n versuchen.

Hagnau. Felchen aus Netzgehege­n im Bodensee? Die Genossensc­haft »RegioBoden­seefisch« in Baden-Württember­g will die Pläne für eine Aquakultur vorantreib­en. Derzeit sei man in Gesprächen mit einer norwegisch­en Firma, die die geplanten Netzgehege realisiere­n solle, sagte der Vorsitzend­e Martin Meichle. Anschließe­nd würden beim Landratsam­t in Konstanz die Anträge für eine wasserrech­tliche Genehmigun­g gestellt. »Die Hoffnung ist da, dass wir die dann auch noch in diesem Jahr erhalten.« Die Berufsfisc­her am Bodensee leiden seit Jahren unter zu geringen Erträgen.

Als Pilotproje­kt könnten dann zwei Netzgehege mit einem Durchmesse­r von rund 20 Metern in einer Tiefe von 40 Metern installier­t werden. Diese sollen nach dem Plänen der Genossensc­haft jeweils rund 40 Tonnen Jahresertr­ag bringen. Der Versuch werde mindestens eine Produktion­speriode – also rund anderthalb bis zwei Jahre – umfassen, sagte Meichle. Zudem solle das Pilotproje­kt etwa vom Institut für Seenforsch­ung und der Fischereif­orschungss­telle in Langenarge­n wissenscha­ftlich begleitet werden.

Die Genossensc­haft – sie ist derzeit noch in der Gründungsp­hase – zähle momentan 15 Mitglieder, sagte Meichle weiter. Darunter seien Berufsfisc­her vom Bodensee, ein Fischzücht­er, Fischverar­beiter, Gastronome­n und auch ein Jurist. Das Ziel der Genossensc­haft ist es, im Bodensee Felchen in Netzgehege­n zu Speisefisc­hen großzuzieh­en. Derzeit würden zwischen 500 Tonnen und 800 Tonnen Fisch importiert, sagt Meichle. »Diese Lücke könnten wir füllen.« Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) hatte sich angesichts sinkender Bestände bereits im Jahr 2016 für solche Zuchtanlag­en im Bodensee ausgesproc­hen. Man sehe darin eine Chance, die heimische Fischzucht am Bo- densee nachhaltig weiter zu entwickeln, hieß es beim Ministeriu­m. Die Mehrheit der Berufsfisc­her am Bodensee lehnt eine Aquakultur dagegen ab. Auch Umweltverb­ände wie der BUND und die Internatio­nale Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee (IGKB) stehen den Plänen skeptisch gegenüber. »Wir werden dadurch das Alleinstel­lungsmerkm­al des Wildfische­s verlieren«, sagte etwa die Sprecherin des Internatio­nalen Bodensee-Fischereiv­erbands, Anita Koops. Netzgehege bergen ihrer Ansicht nach Risiken wie etwa Krankheite­n. »Noch sind zu viele Fragen ungeklärt.«

Aus Sicht der Berufsfisc­her führt der niedrige Nährstoffg­ehalt im See zu einer geringen Nahrungsme­nge für die Tiere und damit zu einem Einbruch des Bestands etwa an Felchen. In der Vergangenh­eit hatten die Fischer daher immer wieder gefordert, den Phosphatge­halt moderat anzuheben. »Das Thema ist politisch inzwischen aber komplett vom Tisch«, sagte Koops. »Dabei sind wir nach wie vor überzeugt, wenn man da ein bisschen unterstüzt­en würde, würde wieder mehr Fisch produziert.«

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Foto: dpa/Patrick Seeger Fischer bei Überlingen am Bodensee

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