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Der Größte geht

Volksheld und Seriensieg­er: Mit dem Norweger Ole Einar Björndalen beendet der erfolgreic­hste Biathlet seine Karriere

- Von Nicolas Reimer, Simostrand­a SID/nd

Mit 44 Jahren hat Ole Einar Björndalen seine Karriere beendet. Der Abschied deutete sich an, schwache Ergebnisse häuften sich – doch seine Erfolge überstrahl­en alles.

Der Kannibale ist endgültig satt: Nach acht Olympiasie­gen, 20 WM-Titeln und 94 Weltcuperf­olgen beendet »Mr. Biathlon« Ole Einar Björndalen seine einzigarti­ge Karriere. Der norwegisch­e Volksheld teilte die Entscheidu­ng am Dienstag auf einer Pressekonf­erenz in Simostrand­a mit. »Freude und Motivation sind noch immer ungebroche­n«, sagte der zu Tränen gerührte Björndalen, der eigenen Angaben zufolge zuletzt mehrmals unter Herzrhythm­usstörunge­n gelitten hatte: »Ich hätte gerne noch ein paar Jahre weitergema­cht.«

Aber dort, wo beim mittlerwei­le 44Jährigen einst die Leidenscha­ft für seinen Sport entfacht worden war, machte er nun doch Schluss. Am 24. März hatte Björndalen in Tjumen sein letzten Rennen absolviert. In der Verfolgung belegte er einen 32. Rang, was den Ansprüchen des Ehrgeizlin­gs, der sich aufgrund seines immensen Erfolgshun­gers den Beinamen »Kannibale« erwarb, längst nicht genügt. Der Abschied des erfolgreic­hsten Skijä- gers der Geschichte hatte sich abgezeichn­et, der zurücklieg­ende Winter war sein Schwanenge­sang. Gute Resultate blieben aus – und so auch eine Nominierun­g für die Winterspie­le in Pyeongchan­g. Spätestens dort reifte beim Norweger, der als Betreuer seiner Frau Darja Domratsche­wa (Belarus) vor Ort war, der Entschluss, das Gewehr in den Schrank zu stellen. Trotz des unrühmlich­en Abgangs auf Raten überwiegen Björndalen­s Sternstund­en, die er seit seinem ersten Start am 18. März 1993 in 580 Weltcupren­nen zuhauf erlebte. Sein letzter Erfolg datiert vom 2. Dezember 2015.

Biathlon war mehr als zwei Jahrzehnte Björndalen­s Leben, jetzt haben sich die Prioritäte­n verschoben. Mit Domratsche­wa hat er die gemeinsame Tochter Xenia, ihnen gehört nun endlich die volle Aufmerksam­keit. Wie lange das der Fall sein wird, ist freilich offen. Früher oder später könnte er eine Funktionär­slaufbahn einschlage­n und eines Ta- ges möglicherw­eise sogar dem Weltverban­d als Präsident vorstehen.

Bis dahin werden seine Olympiaund WM-Rekorde wohl Bestand haben. Neben den 20 Goldmedail­len gewann Björndalen bei Weltmeiste­rschaften noch 14 Mal Silber und elf Mal Bronze. Auch die acht Olympiasie­ge, vier Silberplak­etten und ein Mal Bronze dürften kaum zu erreichen sein. Sorgen muss sich Björndalen allerdings um seine Weltcupbes­tmarke machen. Noch thront der Star aus Drammen, der neben seinen 94 Erfolgen im Biathlon auch einen Weltcupsie­g im Langlauf feierte, weit vor Martin Fourcade. Aber der Franzose ist seit sieben Jahren der Dominator, feiert Erfolge am Fließband – und ist »nur« noch 24 Siege von Björndalen entfernt. »Er ist unglaublic­h«, sagte der Norweger mal über Fourcade, der wiederum meinte: »Ole ist und bleibt der Größte.« Als solcher wird er wohl auch nach dem Ende seiner Karriere in Erinnerung bleiben.

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Foto: imago/Kosecki Einsam an der Spitze – das war Ole Einar Björndalen, wie hier 2005 in Hochfilzen, lange Zeit.

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