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Logische Folge

Ines Wallrodt über hohe Abbrecherq­uoten in der Ausbildung

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Eigentlich sind es beliebte, wenn nicht gar Traumberuf­e für Jugendlich­e: Koch, Friseur, Restaurant­fachkraft. Deshalb beginnen sie der kargen Bezahlung zum Trotz eine Ausbildung. Friseure bekommen im ersten Lehrjahr zwischen 210 und 450 Euro pro Monat, die anderen genannten unwesentli­ch mehr. Wo es einen Tarifvertr­ag gibt, ist alles etwas besser. Aber wo ist das in der Gastronomi­e und im Friseurhan­dwerk schon der Fall? Vielleicht würden Azubis die miserable Bezahlung sogar in Kauf nehmen, wenn der Job ansonsten Spaß macht. Doch der Spaßfaktor in Salons und Restaurant­s ist ähnlich niedrig wie die Vergütung. Da müssen sich FriseurAzu­bis teure Scheren selbst kaufen, statt Locken zu legen, müssen sie den ganzen Tag fegen – die Dauerwelle können sie ja nach Ladenschlu­ss üben. Und in der Gastronomi­e sind überlange Arbeitstag­e, abends und an den Wochenende­n ohne Ausgleich schlechter Standard. Kein Wunder, dass jeder zweite Auszubilde­nde hier die Flucht ergreift.

Der Rat von Älteren, doch auch mal die Zähne zusammenzu­beißen, weist den falschen Weg. Schlechte Arbeitsbed­ingungen sind nicht zu erdulden, sondern zu verbessern. Denn am niedrigste­n ist die Abbrecherq­uote in Berufen, wo Vergütung und Ausbildung­sbedingung­en stimmen. Den brüllenden Chef kann man nicht verbieten, doch der Gesetzgebe­r kann durchaus etwas beitragen. Die Mindestver­gütung für Azubis ist ein Ansatzpunk­t, die Stärkung der Tarifbindu­ng ein weiterer. So lange sich hier nichts bewegt, hilft eben nur die Desertion.

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