Arterien mit Zuckerguss
Dänische Studie zeigt negative Auswirkungen erhöhten Zuckerverbrauchs auf die Durchblutung
Zu viel Zucker, etwa aus gesüßten Getränken, verengt offenbar die Blutgefäße. Das wurde jetzt bei einem Experiment in Dänemark nachgewiesen. »Du hast süßes Blut«, erklärte mir meine Großmutter gerne, wenn ich als Junge von einer unserer Expeditionen aus den Feuchtwiesen in der Umgebung unserer Stadt mückenzerstochen nach Hause kam. Der wissenschaftliche Wert dieser Erklärung dürfte zweifelhaft sein. Auf dem Boden der Tatsachen steht hingegen eine kürzlich veröffentlichte Studie zum Einfluss einer erhöhten Zuckeraufnahme auf die Durchblutung der Adern.
Eine Forschergruppe des Kopenhagener Institutes für Sport und Ernährung führte eine Interventionsstudie durch, in der zwölf gesunde junge Männer über 14 Tage hinweg viel Zucker zu sich nahmen. Im Gegensatz zu Beobachtungsstudien ist die Interventionsstudie ein Experiment, mit dem der Effekt einer genau definierten Änderung der Ausgangsbedingungen untersucht werden soll. Im einfachsten Fall bildet der Untersucher zwei Gruppen: Bei der Interventionsgruppe wird die zu untersuchende Intervention durchgeführt, bei der Kontrollgruppe unterbleibt sie.
Im Kopenhagener Experiment ergänzte die Gruppe dreimal am Tag ihre Ernährung mit Wasser, in dem 75 Gramm Zucker aufgelöst wurden. 225 Gramm Zucker am Tag sind eine große Portion, aber zum einen wollten die Forscher eine deutliche Änderung bestimmter Parameter erreichen. Zum anderen ist die Menge so ungewöhnlich nicht für jenen Teil der Bevölkerung, der täglich mehrfach Cola und ähnlich stark gesüßte Getränke konsumiert. Die Messresultate nach Ablauf der Versuchsperiode waren dann wie beabsichtigt deutlich und durchaus erschreckend. Im Test saßen die jungen Männer und wurden aufgefordert, auf einer Art Kraftmaschine so stark wie möglich zu treten. Dabei wurde die Durchblutung der mit Gewichten belasteten Beine gemessen. Bei Bewegungen solcherart ist der Körper in der Lage, sehr schnell die Blutzirkulation zu justieren und die Durchblutung zu erhöhen.
Im Vergleich zur Situation vor der erhöhten Zuckereinnahme war die Durchblutung bis zu 17 Prozent schlechter. Bei sonst gleichen Bedingungen für die Versuchsperson war der Zusammenhang deutlich, aber eben auch besorgniserregend. »Ab und zu einen halben Liter Cola zu trinken, ist nicht schädlich, solange man sich im Übrigen gesund und abwechslungsreich ernährt. Aber wenn man seinen Körper ständig und massiv einem hohen Zuckerkonsum aussetzt, so wie wir es mit unseren Versuchspersonen gemacht haben, ist das Ergebnis nach nur 14 Tagen eine Durchblutung, wie wir sie sonst nur bei einigen Männern ab 65 Jahren sehen«, fasste Ylva Hellsten, eine beteiligte Ärztin, die Studienergebnisse zusammen.
Als Ursache für die massive Verringerung der Durchblutung machte die Forschergruppe die Karamelisierung der Flimmerhärchen, auch Zilien genannt, in den Blutbahnen aus. Sie filtern, vereinfacht gesagt, Schadstoffe aus dem Blut, können dies aber nur ungenügend leisten, wenn sie durch einen regelrechten Zuckerguss steif werden. Das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Herz-Kreislauf-Krankheit, da letztlich das Herz durch die zusätzliche Belastung gestresst wird. Es muss das Blut durch nunmehr engere Gefäße pumpen.
Das Institut für Sport und Ernährung hatte sich bereits früher mit der Problematik erhöhten Zuckerverbrauchs befasst. So untersuchten die Wissenschaftler die Veränderungen, die sich einstellen, wenn ein halbes Jahr täglich ein halber Liter Cola getrunken wurde. Festgestellt wurden erhöhter Blutdruck und Fettansammlungen in Leber und Muskeln.
»Erst jetzt«, so die Medizinerin Hellsten, »bekommen wir ein tieferes Verständnis der Mechanismen eines mehrjährigen Zuckermissbrauchs. Langjähriger und hoher Zuckerverbrauch erhöht das Risiko für sogenannte Lebensstilkrankheiten. Deshalb ist es so wichtig, sich ständig vor Augen zu halten, was man täglich zu sich nimmt.« Sie unterstrich aber auch, dass sich die Durchblutung bei den jungen Männer nach dem Ende des Untersuchungszeitraumes rasch wieder auf dem früheren Normalniveau stabilisierte.