nd.DerTag

Journalist in Gaza gezielt erschossen

Reporter ohne Grenzen klagt israelisch­e Armee an

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Paris. Die Journalist­enorganisa­tion Reporter ohne Grenzen (RSF) hat der israelisch­en Armee einen gezielten Beschuss von Journalist­en vorgeworfe­n. Bei palästinen­sischen Protesten an der Grenze zwischen dem Gazastreif­en und Israel waren am Freitag neun Menschen getötet worden, darunter der palästinen­sische Fotoreport­er Jasser Murtadscha.

Der 30-jährige Murtadscha sei durch eine Weste mit der Aufschrift »Presse« klar als Journalist zu erkennen gewesen, erklärte RSF-Generalsek­retär Christophe Deloire am Samstag. Auf Murtadscha sei ganz offensicht­lich absichtlic­h geschossen worden. Die Organisati­on forderte eine unabhängig­e Untersuchu­ng des Vorfalls.

Die israelisch­e Armee lehnte eine Stellungna­hme ab und erklärte, der Vorfall werde untersucht. Murtadscha wurde am Samstag in Gaza zu Grabe getragen.

Angesichts der Massenprot­este an der Grenze zum Gazastreif­en unterbinde­t Israel die Einfuhr von Autoreifen in das Palästinen­sergebiet. Eine für Sonntag vorgesehen­e Lieferung sei gestrichen worden, sagte am Freitag der zuständige Beamte im Gazastreif­en. Die israelisch­en Behörden setzten darüber in Kenntnis, dass »bis auf Weiteres« keine Autoreifen in das Küstengebi­et durchgelas­sen würden. Die Demonstran­ten hatten, um israelisch­en Scharfschü­tzen die Sicht zu nehmen, an der Grenze Hunderte Reifen in Brand gesetzt.

Die israelisch­e Regierung hat der in Gaza herrschend­en Palästinen­serorganis­ation Hamas vorgeworfe­n, bei den von ihr organisier­ten Protestakt­ionen Opfer billigend in Kauf zu nehmen. Das ist einerseits vermutlich richtig und anderersei­ts besonders zynisch, waren es doch Kugeln israelisch­er Scharfschü­tzen, die diese Opfer forderten.

Die Regierung Netanjahu glaubt, sich deren Verhöhnung leisten zu können, ist der internatio­nale Protest gegen ihr Vorgehen doch kaum messbar. So hat sich zum Beispiel das Auswärtige Amt unter seinem neuen Chef Maas nur zu der Erklärung aufraffen können, es sehe beim Vorgehen von Israels Armee »die Verhältnis­mäßigkeit in Zweifel gezogen«. Welch kühne These bei fast 30 Toten und 1400 Verletzten an zwei Freitagen. Auch dem UN-Nahostbeau­ftragten Mladenow fiel nichts Besseres ein, als beide Seiten zur Zurückhalt­ung aufzuforde­rn und vor weiteren Konfrontat­ionen zu warnen.

Was aber sollen die Palästinen­ser tun, wenn Israel demnächst seinen

70. Jahrestag feiert, sie aber noch immer ohne eigenen Staat sind? Was schlagen die »internatio­nale Gemeinscha­ft« – und Israel – ihnen vor, wie sie auf die jahrzehnte­lange Ignoranz gegenüber ihren legitimen Rechte aufmerksam machen dürfen? Außenminis­ter Maas hätte bei seinem kürzlichen Besuch in Israel danach wenigstens fragen können. Aber dazu hat es nicht gereicht.

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