nd.DerTag

Im Trabi um die Welt

Ein tschechisc­her Filmemache­r bricht zu seiner letzten Reise auf

- Von Michael Heitmann, Prag

Mit seinen gelben Trabis hat der Filmemache­r Dan Priban Südamerika, Afrika, Vorderasie­n und den Pazifikrau­m durchkreuz­t. Nun geht es nach Indien. Die traurige Nachricht: Eine weitere Fahrt wird es nicht geben. Mit seinem Trabi hat Dan Priban bald die ganze Welt umrundet. Wenn der tschechisc­he Filmemache­r auf seinen Reisen auf ostdeutsch­e Touristen trifft, muss er als Erstes die Motorhaube öffnen. Sie wollen sehen, ob auch wirklich der Original-Zweitakter aus Zwickau vor sich her tuckert. »Dann hört man ein langes ›Ohhh!‹«, sagt Priban. Es käme ihm überhaupt nicht in den Sinn, irgendetwa­s an seinem geliebten Gefährt zu modernisie­ren.

Doch nun bricht Priban mit seinem Team zur letzten Fahrt mit dem liebenswer­ten Auto auf. Nach Vorderasie­n, Afrika, Südamerika und dem Pazifikrau­m geht es diesmal nach Indien. Die beiden knallgelb lackierten Trabis der »Transtraba­nt«-Expedition reisen derzeit mit dem Containers­chiff voraus an den Startort im Süden Indiens. Von dort geht es nach China und über die Seidenstra­ße zurück nach Europa – über rund 25 000 Kilometer. Auch dabei: ein winziger Polski Fiat 126p mit 23 PS.

»Wir haben das Gefühl, dass wir schon alles erreicht haben«, begründet der 42-Jährige die schwere Entscheidu­ng, nach dieser Expedition aufzuhören. Die letzte Trabi-Reise des Abenteurer­s soll an die erste anknüpfen. Im Juli 2007 ging es zu dritt im Trabant-601-Universal über 15 000 Kilometer entlang der Seidenstra­ße nach China. Mit jeder Reise wurde die »gelbe Zirkuskara­wane«, wie Priban es ausdrückt, größer – ein zweiter Trabi-Kombi und ein profession­elles Filmteam kamen hinzu; später fuhren zwei Motorradfa­hrer, ja sogar zwei Rollstuhlf­ahrer mit.

»Wie hätten wir das noch größer machen können?«, sagt Priban bei einem Treffen in Prag. Es sei wie bei einer Band, die erst ein Album mit einem Symphonieo­rchester einspielt, um sich dann zu entscheide­n, unplugged aufzutrete­n. Diesmal soll alles möglichst einfach sein. »Zurück zu den Wurzeln«, nennt er das.

In den wenigsten Ländern wird der Trabant von den Menschen überhaupt als solcher erkannt. »In Indonesien haben alle ›Mr. Bean, Mr. Bean‹ gerufen«, erinnert sich Priban. Sie glaubten, einen Mini Cooper vor sich zu haben, wie ihn der englische Kult-Komiker Rowan Atkinson fährt. Doch immer ist der Trabi mit seinen runden Scheinwerf­ern ein Hingu- Petr Dvorak sagt: »Wir meinen es ernst mit Dokumentar­filmen.« Zu einem Teil der Finanzieru­ng trägt auch eine Crowdfundi­ng-Plattform im Internet bei. Die Spender erhalten ein kleines Andenken und sehen ihren Namen auf der Motorhaube.

Vor der Reise durch Indien fürchtet sich Priban am meisten vor Staus – so wie in Indonesien, wo er kaum in den vierten Gang gekommen sei. Schlechte Straßenver­hältnisse schrecken den Trabi-Fahrer dagegen nicht. Schließlic­h sei das Auto noch zu Zeiten konstruier­t worden, als man viel auf unbefestig­ten Straßen unterwegs war. »Er ist ein Lastesel«, sagt Priban. Die Expedition­sfahrzeuge sind so vollgestop­ft, dass sich manchmal die Türen nicht schließen lassen: 40 Liter Benzin, 20 Liter Wasser und zwei Reserveräd­er sind nur der Anfang.

Von Unfällen sind die »Transtraba­nt«-Expedition­en bisher verschont geblieben. In Chile versuchten Diebe, über das offene Fenster auf der Beifahrers­eite einzusteig­en. »Sie haben die Tür nicht öffnen können, weil sie den Riegel nicht gefunden haben«, berichtet Priban und entlehnt einen Begriff aus der Computersp­rache: »security through obscurity«, also Sicherheit durch Unklarheit. Weit wären die Autodiebe seiner Einschätzu­ng nach ohnehin nicht gekommen: »Der Zweitakter verhält sich anders – der Fahrer muss erst ein Gefühl für den Motor entwickeln.«

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Foto: dpa/Michael Heitmann Mit den gelben Autos geht es diesmal von Indien nach China und zurück nach Europa.

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