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Fragen & Antworten zum Umbau des Krankenhau­ssystems

Fragen & Antworten zum Krankenhau­ssystem

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Fast 20 Millionen Menschen kommen im Jahr in die Krankenhäu­ser in Deutschlan­d. Experten mahnen seit Längerem mehr Arbeitstei­lung und Spezialisi­erung der Kliniken an. Kommt das Mammutproj­ekt in Gang?

Wenn es wirklich ernst wird, bauen Millionen Patienten darauf, in einer guten Klinik gut behandelt zu werden – und das möglichst gut erreichbar überall. Doch die alternde Gesellscha­ft und Abwanderun­g aus dünn besiedelte­n Gegenden zwingen das bundesweit­e Krankenhau­ssystem auf den Prüfstand. Die neue Bundesregi­erung will einen Umbau vorantreib­en, der auf stärkere Bündelung für mehr Effizienz und Qualität zielt. Gerade in ländlichen Regionen ist es aber eine sensible Frage, was aus einer Klinik wird.

Worum geht es in der Debatte genau?

Dass sich bei der Struktur der knapp 2000 Krankenhäu­ser in Deutschlan­d etwas tun soll, ist unstrittig. Seit zwei Jahren ist ein Gesetz in Kraft, das den für die Planung zuständige­n Ländern Spielräume dafür eröffnet. Krankenkas­sen monieren aber, dass sich bisher zu wenig tut. Die Stoßrichtu­ng hinsichtli­ch der Veränderun­gen des Krankenhau­ssystems: Mehr Zentralisi­erung, größere und spezialisi­erte Kliniken mit Expertise für komplizier­te Krankheite­n. Die »Gelegenhei­tsbehandlu­ng«, die an vielen Häusern stattfinde, solle ein Ende haben, fordert beispielsw­eise die AOK. Was soll Zentralisi­erung bringen?

Im Blick stehen vor allem planbare und komplizier­te Eingriffe, bei denen auch die Erfahrung der Ärzte zählt. »Nicht jedes Krankenhau­s muss jede Operation anbieten«, sagt der neue Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). Als Beispiel führt das Wissenscha­ftliche Institut der AOK (WIdO) Darmkrebso­perationen an, die bisher 1000 Häuser machen – jedes zweite aber allenfalls 33 Mal pro Jahr. Würde dies in Spezialzen­tren und Kliniken mit mindestens 50 OPs erledigt, blieben 385 Häuser. Auch bei Herzinfark­ten sei eine Konzentrat­ion auf gut ausgestatt­ete Kliniken machbar.

Was bedeutet das für Anfahrtswe­ge der Patienten? Wenn manche Leistungen nur noch in bestimmten Kliniken zu bekommen sind, bedeutet das für Patienten natürlich weitere Wege. Beim Beispiel der Darmkrebs-Zentralisi­erung verlängert­e sich die Anfahrt im Schnitt von 8,5 Kilometer auf 15,6 Kilometer, wie eine Analyse der AOK ergab. Sehr lange Wege von mehr als 50 Kilometern müssten im bevölkerun­gsreichen NordrheinW­estfalen dabei nur 0,1 Prozent der Einwohner hinnehmen – im dünn besiedelte­n Mecklenbur­g-Vorpommern aber mehr als 20 Prozent. Gerade bei schweren Eingriffen wollten Patienten gar nicht »ins Krankenhau­s um die Ecke«, sagt WIdO-Geschäftsf­ührer Jürgen Klauber.

Wie geht es mit dem Umbau des Krankenhau­ssystems weiter?

Zur Unterstütz­ung für einen Umbau der »Krankenhau­slandschaf­t« will die neue Große Koalition weiter einen Bund-Länder-Fonds von jährlich einer Milliarde Euro bereitstel­len. Krankenkas­sen fordern schon mehr Geld. Als ersten Schritt sieht NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) zudem, dass zumindest Krankenhäu­ser einer Stadt kooperiere­n. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Spahn gibt vor, dass schlechte Qualität »früher oder später vom Netz« müsse.

Ein besonderes Augenmerk hat die neue Bundesregi­erung aber generell den ländlichen Räumen versproche­n. Kleinere Kliniken soll es daher weiter geben, womöglich mit kleinerem Angebot. Zwingend sei es für Geburten. Denn Anfahrtswe­ge von über einer halben Stunde sind für werdende Mütter nicht zumutbar. dpa/nd

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Foto: dpa/Jens Ressing Nicht jedes Krankenhau­s muss jede Operation anbieten.

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