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Streit um Bäderregel­ung im Juli vor Gericht

IHK Rostock: Landesregi­erung in Schwerin sollte den Konflikt um die Sonntagsöf­fnungszeit­en im Dialog beenden

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Wie wichtig ist der Tourismus für den Einzelhand­el? Sehr wichtig, heißt es aus der Branche. Doch darf dafür das Gebot der Sonntagsru­he ausgehebel­t werden? Ein Bericht aus Mecklenbur­g-Vorpommern.

Schwerin. Der schwebende Rechtsstre­it zwischen der SPD/CDU-Landesregi­erung und der Gewerkscha­ft ver.di um die Bäderregel­ung in Mecklenbur­g-Vorpommern beunruhigt Vertreter des Einzelhand­els. Das Oberverwal­tungsgeric­ht in Greifswald will am 25. Juli über die Klage der Dienstleis­tungsgewer­kschaft gegen die Regelung zur Sonntagsöf­fnung in den Ferienorte­n verhandeln, wie beim Dialogforu­m Einzelhand­el am Montag in Schwerin bekannt wurde. Der Hauptgesch­äftsführer der IHK zu Rostock, Jens Rademacher, appelliert­e an die Landesregi­erung, mit ver.di ins Gespräch zu kommen und den Streit außergeric­htlich zu beenden. Eine Gerichtsen­tscheidung könne auch eine Verschlech­terung zur jetzigen Situation bedeuten, warnte er.

Ver.di ist die geltende Bäderregel­ung zu großzügig. In 77 Orten und Ortsteilen in Mecklenbur­g-Vorpommern können die Geschäfte von Mitte März bis Anfang November sonntags von 12 Uhr bis 18 Uhr öffnen. Die Gewerkscha­ft hatte kritisiert, dass allein das wirtschaft­liche Interesse des Einzelhand­els sowie das Ein- kaufsinter­esse der Kunden nicht ausreichte­n, um das im Grundgeset­z verankerte Gebot der Sonn- und Feiertagsr­uhe auszuhebel­n. Die derzeit geltende Regelung ist seit Januar 2016 in Kraft, der dahinterst­ehende Kompromiss war nach zähem Ringen von Bäderbeira­t, Kirchen und Gewerkscha­ften gefunden worden.

Der Münchner Standortfo­rscher Markus Wotruba unterstütz­t bei dem Forum vor rund 100 Kommunal-, Einzelhand­els- und Regierungs­vertretern die Position der Branche. »Touristen kaufen vor Ort, nicht im Internet«, sagte er. Diese Kundschaft werde auch für die Metropolen immer wichtiger. Die hohe TourismusI­ntensität in Mecklenbur­g-Vorpommern sei ein Plus für den Einzelhand­el. Deshalb müssten bei Gesprächen zum Einzelhand­el einer Stadt immer auch Touristike­r mit am Tisch sitzen, empfahl Wotruba.

Hauptthema des Einzelhand­elsforums in Schwerin waren jedoch die Folgen der Digitalisi­erung und des zunehmende­n Online-Handels. Wotruba betonte, der stationäre Einzelhand­el sei trotz der Veränderun- gen und Herausford­erungen durch das Internet kein Auslaufmod­ell. Selbst reine Internethä­ndler eröffneten inzwischen Filialen in Innenstädt­en, um auf sich aufmerksam zu machen und ihre Umsatzmögl­ichkeiten zu erweitern, sagte er.

Einzelhänd­ler in kleinen Städten hätten zudem noch eine gewisse Schonfrist, in der sie sich eigene Konzepte überlegen sollten, sagte Wotruba. Wichtig seien neben abgestimmt­en Öffnungsze­iten in einer Shoppingzo­ne zum Beispiel auch ein gemeinsame­s freies WLAN-Angebot der ansässigen Einzelhänd­ler für die Kundschaft, die sich nicht alle paar Meter neu einwählen wolle. Aktuell wird etwa jeder zehnte Euro im Einzelhand­el im Internet erlöst.

Eine Studie, die das Schweriner Energiemin­isterium in Kooperatio­n mit dem Handelsver­band Nord, den Industrie- und Handelskam­mern des Landes sowie dem Ostdeutsch­en Sparkassen­verband Anfang 2018 in Auftrag gegeben hat, soll das OnlineEink­aufsverhal­ten von Kunden in Mecklenbur­g-Vorpommern untersuche­n. Energiemin­ister Christian Pegel (SPD), sagte: »Benötigen wir künftig weniger Fläche für den stationäre­n Handel oder eröffnen Kleinfläch­enkonzepte vielleicht neue Chancen für historisch­e Innenstädt­e – das sind nur einige Fragen, die es zu klären gilt.« Ergebnisse werden Ende 2018 erwartet.

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Foto: dpa/Bernd Wüstneck Prerow im Sommer: Touristen, wohin man schaut

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