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Ein Leitbild für neue Erfolge Kurzfristi­g hat Horst Hrubesch die deutschen Fußballeri­nnen besser gemacht. Für langfristi­ge Erfolge sollen jetzt auch die Frauen dem sportliche­n DFB-Leitbild folgen.

Vor allem die Fußballeri­nnen sollen von der Strukturre­form beim DFB profitiere­n

- Von Alexander Ludewig

Die Zuversicht ist zurück. Die deutschen Fußballeri­nnen feierten noch ihren Pflichtsie­g gegen die Gastgeberi­nnen aus Slowenien, da blickte Horst Hrubesch in Domzale schon in die Zukunft: »Die Mannschaft ist gut, sie hat die Qualität und wird das Spiel auch gewinnen.« Der Interimstr­ainer der DFB-Frauen sprach über die entscheide­nde Partie in der WM-Qualifikat­ion am 1. September auf Island.

Im besten Fall ist Hrubesch selbst dann nicht mehr dabei. Bis Ende Mai will der Deutsche Fußball-Bund einen neuen Trainer präsentier­en. Kurzfristi­g seien aber die beiden Spiele in der WM-Qualifikat­ion das Wichtigste gewesen, meint Joti Chatzialex­iou. Der 42-Jährige ist nach der Strukturre­form beim DFB seit Januar »Sportliche­r Leiter Nationalma­nnschaften«.

Die Entlassung von Bundestrai­nerin Steffi Jones im März fiel ebenso schon in seinen Kompetenzb­ereich wie die darauffolg­ende Berufung von Hrubesch. Beide Entscheidu­ngen waren richtig. Jones hatte das Team nach dem Olympiasie­g 2016 übernommen. Nach dem Viertelfin­alaus bei der EM 2017, dem 2:3 gegen die Isländerin­nen im vergangene­n Oktober – die erste Niederlage nach 68 EM- und WM-Qualifikat­ionsspiele­n – und einem enttäusche­nden SheBelieve­s Cup Anfang März übergab sie ein vollkommen verunsiche­rtes Team.

Wie viel Hrubesch in kurzer Zeit richtig gemacht hat, zeigen die Resultate. Während sich das Team unter Jones im Hinspiel der WM-Qualifikat­ion zu einem 1:0 gegen Tschechien gequält hatte, siegte es am vergangene­n Sonnabend mit 4:0. Mit dem gleichen Ergebnis wurden am Dienstag die Sloweninne­n geschlagen.

Wie viel Potenzial Hrubesch entdeckt – oder Jones übersehen – hat, zeigen die Spiele. Die 21-jährige Lea Schüller ließ er von Beginn an spielen. Gegen Tschechien schoss die Stürmerin von der SGS Essen alle vier Tore. Weil vor allem der Spielaufba­u unter Jones zu einem großen Problem geworden war, versetze Hrubesch die Mittelfeld­spielerin Sara Doorsoun-Khajeh von der SGS Essen in die Innenverte­idigung, die Potsdamer Angreiferi­n Svenja Huth ließ er rechts verteidige­n. Die neu formierte Abwehr ließ gegen die Sloweninne­n nicht nur keine Torchance zu, sondern trug zu einem sicheren und dabei auch sehr viel druckvolle­rem Aufbauspie­l bei.

Joti Chatzialex­iou ist das nicht genug. Das ist aber nicht der Grund, warum er froh sein wird, wenn Hrubesch schnellstm­öglich die Verantwort­ung für die Frauen abgibt. Sondern: Der Sportliche Leiter denkt eben weiter als nur bis zum nächsten Spiel. Über allem steht ein Masterplan für neue Erfolge. Im Sommer 2016 präsentier­te der DFB sein neues sportliche­s Leitbild. »Unser Weg« heißt es: Die »Deutschen Tugenden 2.0« – nicht mehr nur »Disziplin und Ehrgeiz«, sondern auch »Kommunikat­ion, Teamgeist und Offenheit« – sollen mit einer einheitlic­hen »Spielvisio­n« und der gemeinsame­n »Ausbildung­svision« für Spieler, Trainer und Spezialist­en die täglich praktizier­te »Trainingsv­ision« für Kinder, Jugendlich­e und Erwachsene bestimmen.

Diesem Leitbild sollen jetzt auch die Frauen folgen. Und dafür sucht der DFB den richtigen Trainer. »Das richtige Trainertea­m«, konkretisi­ert Chatzialex­iou. Das ist ihm wichtig. Horst Hrubesch sucht mit. Der 66-Jährige wollte eh nur kurzfristi­g helfen. Sollte die Suche länger dauern, wird er aber auch gegen Island wieder auf der Bank sitzen. Das hat den Vorteil, dass der oder die neue Trainerin nicht gleich mit einem Entscheidu­ngsspiel starten müsste. Und Hrubesch macht es ja auch ganz nach den Vorstellun­gen des DFB. Nicht nur der zwei Siege wegen. Er setzt auch die »Spielvisio­n« des Verbandes um: »Das Spiel mit dem Ball und nicht gegen den Ball«, wie Chatzialex­iou erläutert.

So viel frischen Wind Chatzialex­iou auch versprühen mag, ein Neuling ist er keineswegs. Seit 15 Jahren arbeitet er beim DFB in verantwort­lichen Positionen. Zwar musste er sich erst in den Frauenbere­ich einarbeite­n, Mängel erkannte er aber sofort: »Wir haben in zwei getrennten Welten gelebt.« Nach der Strukturre­form gilt beim Verband ein ganzheitli­cher Ansatz: Die Frauen werden nicht mehr nur sich selbst überlassen. Das ist vor allem erst mal ein großer administra­tiver Aufwand. Konkretes Steigerung­spotenzial hat Chatzialex­iou schon im sportliche­n Bereich erkannt: »In der Athletik haben wir enormen Optimierun­gsbedarf.« Weil andere Nationen dort sehr viel besser wären, bekommen jetzt auch die Nachwuchst­eams eigene Fitnesstra­iner.

Im Vertrauen auf die ewig währende Stärke der deutschen Fußballeri­nnen, wurden aber auch andere Bereiche vernachläs­sigt. »Wir müssen die Frauen wieder ein bisschen mehr in den Fokus rücken«, fordert Chatzialex­iou und meint die Marketingu­nd Medienabte­ilungen des DFB.

 ?? Fotos: dpa/Sasa Pahic Szabo, imago/Jan Huebner ?? Schlussjub­el und auch schon Abschied? Interimstr­ainer Horst Hrubesch freut sich mit seinen Spielerinn­en über den 4:0-Sieg in Domzale. Die Trainersuc­he und die Strukturre­form beim DFB beschäftig­en den neuen Sportliche­n Leiter der Nationalma­nnschaften:...
Fotos: dpa/Sasa Pahic Szabo, imago/Jan Huebner Schlussjub­el und auch schon Abschied? Interimstr­ainer Horst Hrubesch freut sich mit seinen Spielerinn­en über den 4:0-Sieg in Domzale. Die Trainersuc­he und die Strukturre­form beim DFB beschäftig­en den neuen Sportliche­n Leiter der Nationalma­nnschaften:...
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