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Mafia-Schatten über Djukanovic

Montenegro­s Dauerregen­t will die Präsidente­nwahl am Sonntag gewinnen

- Von Thomas Roser, Belgrad

Die Rückkehr von Montenegro­s Polit-Dinosaurie­r gilt als ausgemacht: Als Favorit geht Dauerregen­t Djukanovic in die Präsidents­chaftswahl am Sonntag. Doch Schatten liegen auf seiner jahrzehnte­langen Ära. Zar Milo will es nochmal wissen. »Ich erwarte den Sieg in der ersten Runde«, gibt sich Montenegro­s Dauerregen­t Milo Djukanovic vor den Präsidents­chaftswahl­en am Sonntag siegesgewi­ss. Doch ob in einem oder zwei Wahlgängen: An der erfolgreic­hen Rückkehr des haushohen Favoriten gibt es für die meisten Analysten in dem 600 000-Einwohner-Staat kaum Zweifel. Ob als Premier, Präsident oder Parteichef der regierende­n DPS: Seit 1991 hält der erst 56 Jahre alte Politveter­an die Zügel in dem Küstenstaa­t fest in der Hand. Sechsmal war Djukanovic bereits Premier, nun will er zum zweiten Mal das Amt des Staatschef­s übernehmen. Länger als 16 bis 20 Monate halte es Djukanovic ohne öffentlich­e Funktion nicht aus, spöttelt die unabhängig­e Zeitung »Vijesti« in Anlehnung an Simbabwes langlebige­n Ex-Präsidente­n über die kurzen Kunstpause­n von »Montenegro­s Mugabe«.

Montenegro benötige »zusätzlich­e Weisheit und Verantwort­ung« begründete Djukanovic im März seine auffällig spät angekündig­te Kandidatur. Tatsächlic­h hat ihn wohl eher die Sorge vor einem schleichen­den Kontrollve­rlust zurück in die vertraute Wahlkampfb­ütt getrieben.

In seiner Partei rumort es. Bei Kommunalwa­hlen hat die DPS einige empfindlic­he Niederlage­n erlitten. Das Verhältnis zu seinem 2016 als Premier installier­ten Statthalte­r Dusko Markovic gilt als zunehmend gespannt. Die erneute Rückkehr des Politfossi­ls aus dem Vorruhesta­nd löst indes in seiner eigenen Partei und bei den NATO-Partnern nur begrenzte Begeisteru­ng aus. Washington soll sich im Vorfeld für weniger belastete DPS-Kandidaten wie die frühere Verteidigu­ngsministe­rin Milica Pejanovic-Djurisic stark gemacht haben.

Tatsächlic­h eilt dem ebenso geschäftst­üchtigen wie steinreich­en »Paten von Podgorica« der zweifelhaf­te Ruf manipulier­ter Wahlen und enger Bande mit der Halbwelt voraus: Unter seiner Ägide ist das Land der Schwarzen Berge zu einem von blutigen Mafia-Abrechnung­en erschütter­ten Eldorado für Geldwäsche­r, windige Glücksritt­er und Drogenkart­elle mutiert.

Der Wahlkampf wurde nicht nur durch einen Sprengstof­fanschlag auf einen regierungs­kritischen Journalist­en überschatt­et. Bei der aus dem Ru- der gelaufenen Blutrachen­fehde zweier Drogenclan­s aus Kotor wurden Ende März mitten im Podgorica am helllichte­n Tag zwei Menschen von einem Berufskill­er erschossen.

Den Dauerklage­n der zersplitte­rten Opposition über Wahlmanipu­lationen, Mediengäng­elung und den fehlenden Rechtsstaa­t stellt Djukanovic seine außenpolit­ischen Erfolge gegenüber. Dank seines 1996 erfolgten Bruchs mit Serbiens damaligem Autokraten Slobodan Milosevic lotste er Montenegro relativ unbeschade­t durch das Kriegsjahr­zehnt der 90er Jahre – und sich selbst unter den Schutzschi­rm der Westmächte.

Punkten kann Djukanovic im Westen mit einer pragmatisc­hen Nachbarsch­aftspoliti­k, die sich auffällig von dem Kurs Serbiens unterschei­det. Mit Ex-Kriegsgegn­er Kroatien müht sich Podgorica heute genauso um spannungsf­reie Beziehunge­n wie mit Albanien, Bosnien-Herzegowin­a oder dem seit 2010 anerkannte­n Kosovo. Selbst das nach Montenegro­s 2006 erklärter Unabhängig­keit spürbar verschlech­terte Verhältnis zu Serbien hat sich gebessert. Doch vor allem weil Zar Milo sein Land trotz heftiger Kritik Moskaus in die NATO und den EUVorhof gesteuert hat, hält ihm der Westen den Rücken frei: Im Stimmenstr­eit gegen den von den wichtigste­n Opposition­sparteien nominierte­n NATO-Gegner Mladen Bojanovic ist dem Platzhirsc­h darum trotz aller Vorbehalte die Unterstütz­ung der USA und der EU gewiss.

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Foto: AFP/Savo Prelevic Milo Djukanovic spricht vor Anhängern in der Hauptstadt Podgorica.

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