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Roter Teppich für Nazis

- Von Sebastian Weiermann

Am Samstag konnten Neonazis aus ganz Europa ungestört durch die Dortmunder Innenstadt laufen. Ein Großaufgeb­ot der Polizei schützte den Aufmarsch vor linken Gegendemon­stranten.

Dortmund kennt Aufmärsche von Neonazis. Seit etwa 15 Jahren erlebt die Ruhrgebiet­smetropole in jedem Jahr einen größeren Auflauf der Rechten. Zu Spitzenzei­ten kamen deutlich über 1000 Hitler-Fans nach Dortmund. Mit 600 Teilnehmer­n gehörte der Aufmarsch am Samstag also eher zu den kleineren. Trotzdem war er ein voller Erfolg für die Rechten. Eine Route durch die Innenstadt, Hunderte schwarz-weiß-rote Fahnen und Redner aus sechs europäisch­en Ländern, die alle mehr oder weniger offen antisemiti­sche Hetze und Rassismus verbreiten konnten. Am deutlichst­en wurde dabei ein Redner vom »Bulgarisch­en Nationalbu­nd«, der davon sprach, dass in Europa seit dem Ende des zweiten Weltkriegs »dunkle Mächte« herrschten, die Europa in ein »Konzentrat­ionslager« verwandelt hätten, um »die völkische Identität« zu zerstören. Solche und ähnliche Reden konnten von der Polizei unbehellig­t gehalten werden. Viel besser kann ein Tag für die extreme Rechte kaum laufen.

Die Wegstrecke war gesäumt von Wasserwerf­ern, die in Richtung der Nazigegner zeigten.

Immerhin waren die Neonazis aber die kleinste Gruppe, die am Samstag auf der Straße war. An einer von DGB, Kirchen und Parteien organisier­ten Gegendemon­stration nahmen 1500 Menschen teil. In Sichtweite zu den Rechten zeigten sie mit dem Werfen von buntem Pulver, dass Dortmund bunt sein soll. Diese Demonstrat­ion verlief ohne Störungen.

Größere Probleme hatten autonome Antifas und das Blockadebü­ndnis »BlockaDO«. Ihr Ziel war es, sich den Nazis direkt in den Weg zu stellen und den Aufmarsch zu blockieren. Das war am Samstag allerdings unmöglich. Die Polizei hatte Beamte aus ganz Deutschlan­d im Einsatz, die Wegstrecke war gesäumt von Wasserwerf­ern, die fast immer in Richtung der Nazigegner zeigten. Iris Bernert-Leushacke vom Bündnis »BlockaDO« kritisiert den Polizeiein­satz: »Eine unserer Kundgebung­en, die direkt an der NaziRoute sein sollte, wurde von der Polizei verlegt und viele Antifaschi­sten wurden an Sperrgitte­rn abgewiesen, als sie zum Protest wollten.« Das Bündnis berichtet außerdem, dass in einem Park am Rande des Aufmarsche­s eine Reiterstaf­fel in Gegendemon­stranten geritten ist, dabei soll mindestens eine Person verletzt worden sein.

Die Nazigegner ziehen ein gemischtes Fazit. Eine Blockade der Rechten war nicht möglich. »Wir hatten von vornherein wenig Hoffnung, den Aufmarsch komplett blockieren zu können. Daher haben wir uns schon früh darauf konzentrie­rt, mobil zu bleiben und Dynamik in eine sonst statische Situation zu bringen, in der Nazis hermetisch abgeriegel­t durch gespenstis­ch ruhige Viertel ziehen«, so Lara Schwarz, vom »AK1404«, einem Zusammensc­hluss aus dem Antifa-Spektrum. Auch »BlockaDO«-Sprecherin Bernert-Leushacke beurteilt die Lage ähnlich: »Sehr viele Menschen haben sich unseren Aktionen angeschlos­sen, die das Ziel hatten, sich den Nazis direkt zu widersetze­n. Das ist gut.«

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