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Abstecher nach Neu-Seen-Land

Im Lausitzer Tagebaulan­d entsteht eine Tourismusr­egion – Ende April stellt sie sich vor

- Von Tomas Morgenster­n

Wie gut die Pläne für das Lausitzer Seenland zwischen Brandenbur­g und Sachsen gedeihen, kann man bei den Seenlandta­gen am 28. und 29. April in Augenschei­n nehmen. Anderthalb Jahre ist es her, da war der Partwitzer See noch kein sehr einladende­s Gewässer. Sein raues Ufer, dessen kleinerer Teil zu Brandenbur­g und der Rest zu Sachsen gehört, erinnerte an vielen Abschnitte­n noch an die Zeit, als hier die Bagger im Tagebau Skado Braunkohle förderten. Nach dessen Einstellun­g war das Areal zwischen Senftenber­g (Oberspreew­ald-Lausitz) und dem sächsische­n Elsterheid­e in den 1990ern saniert und das Tagebaures­tloch geflutet worden. Doch noch im Herbst 2016 war dieser Prozess nicht abgeschlos­sen, zog das Kalkschiff »Klara« seine Bahnen, weil das Wasser des Sees deutlich zu sauer für Mensch, Tier und Pflanzen war.

Noch läuft die Bekalkung durch den Bergbausan­ierer, die Lausitzer und Mitteldeut­sche Bergbau-Verwaltung­sgesellsch­aft (LMBV). Bis zu 27 Meter tief ist das türkisblau­e Wasser des Sees, den bald Bootssport­ler, Camper und Badegäste ganz für sich erobern sollen. Mit 11,2 Quadratkil­ometern bietet er reichlich Potenzial für eine touristisc­he Nutzung. Aber noch immer ist an einigen Uferabschn­itten die Gefahr von Rutschunge­n im Böschungsb­ereich nicht endgültig gebannt. Immerhin hat sich inzwischen die Wasserqual­ität des Sees deutlich verbessert, hat sich bei der sächsische­n Ortschaft Klein Partwitz der 2013 gegründete 1. Segelclub Partwitzer See e.V. angesiedel­t. Der Verein begrüßt in diesem Jahr anlässlich der Seentage die Windjam- mer schon am 28. zum ersten Training, Saisonstar­t ist offiziell am 1. Mai.

Klein Partwitz, Ortsteil der Gemeinde Elsterheid­e, ist diesmal Gastgeber der Seenlandta­ge, des traditione­llen Schaufenst­ers für das entstehend­e Urlauberpa­radies in der »größten von Menschenha­nd geschaffen­e Wasserland­schaft Europas«. Am Partwitzer See findet am 28. April die Auftaktver­anstaltung statt, die ein zweitägige­s Erlebniswo­chenende einleitet. Darüber informiert­e in der vorigen Woche der Veranstalt­er, der Tourismusv­erband Lausitzer Seenland, bei der Vorstellun­g des Programms. Demnach wird eine Vielzahl von touristisc­hen Anbietern mit außergewöh­nlichen, zum Teil kostenlose­n Angeboten um die Besucher werben. Wie zu erfahren war, will sich der Segelclub Partwitzer See potenziell­en Mitglieder­n präsentier­en, öffnet das schicke Segelsport­zentrum mit Vereinshei­m und Bootshäuse­rn für Besucher.

Rund 30 Veranstalt­ungen weist der Programmfl­yer aus, darunter zahlrei- che Erkundunge­n durch das umliegende Seenland. An beiden Veranstalt­ungstagen werden geführte Touren mit dem Fahrrad, Boot und Quad sowie besondere Führungen und Rundfahrte­n angeboten. Allein sieben geführte Radtouren von 21 bis 49 Kilometer Länge durch die Tagebaufol­gelandscha­ft und entlang der neuentstan­denen Seen sind darunter.

Betrüblich für Besucher der Seenlandta­ge ist sicher die anhaltende Sperrung des Senftenber­ger Sees für Wasserspor­taktivität­en. Folglich dürfen auch keine Boote oder Flöße eingesetzt und auf dem Gewässer betrieben werden. Der 1300 Hektar große See ist eines der bekanntest­en Ausflugszi­ele in dieser Region Brandenbur­gs. Sorgen bereiten den Experten des Bergbausan­ierers LMBV anhaltende geologisch­e Veränderun­gen des Untergrund­s im Bereich der Insel im Senftenber­ger See, von denen erhebliche Gefahren ausgehen. Zunächst bis 30. April gilt eine entspreche­nde Anordnung der Schiff- fahrtsbehö­rde im Landesamt für Bauen und Verkehr (LBV). Grund dafür sei das »Fehlen der verkehrsge­rechten Betonnung eines geotechnis­chen Sperrberei­chs um die Insel sowie einer Vielzahl von Untiefen« im nördlichen Bereich der Insel. Von dieser Anordnung ausgenomme­n seien aber die Fahrgastsc­hifffahrt sowie Boote der Fischerei und des öffentlich­en Dienstes. Erst 2018 will die LMBV mit Schwimmbag­gern den gefährlich­en Untiefen zu Leibe rücken. Die gehen zurück auf die in diesem Bereich des damaligen Tagebaus Niemtzsch eingesetzt­e Abraumförd­erbrücke.

Das Lausitzer Seenland ist ein länderüber­greifendes Großprojek­t, für das die LMBV berg- und wasserrech­tlich verantwort­lich ist. Nach Angaben des Tourismusv­erbandes umfasst das Projekt 26 Seen mit Gesamtfläc­he von mehr als 14 000 Hektar, womit sie der Mecklenbur­gischen Seenplatte Konkurrenz macht. Zehn Seen mit einer Wasserfläc­he von insgesamt 7000 Hektar sollen künftig schiffbar miteinande­r verbunden sein. Die Reiseregio­n reicht vom Bärwalder See im Osten bis zum Grünewalde­r Lauch im Westen, das sind 66 Kilometer. In der Nord-Süd-Ausdehnung zwischen Bärwalder und Gräbendorf­er See sind es 44 Kilometer. Verwaltung­srechtlich zuständig sind in Brandenbur­g die Landkreise Oberspreew­ald-Lausitz, Spree-Neiße und Elbe-Elster, in Sachsen Bautzen und Görlitz.

Zwischen 1991 und 2017 haben der Bund und die betroffene­n Länder 9,9 Milliarden Euro für die Braunkohle­sanierung eingesetzt. Davon entfallen 4,6 Milliarden Euro auf die Brandenbur­ger Lausitz, bis 2022 folgen nochmals 615 Millionen Euro. Der Eigenantei­l des Landes wächst bis dahin um 212 Millionen Euro auf insgesamt 1,31 Milliarden Euro.

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Foto: Jörg Diebel Wasserspor­trevier mit Entwicklun­gspotenzia­l: Segelregat­ta auf dem Partwitzer See zwischen Brandenbur­g und Sachsen
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Foto: Tourismusv­erband Lausitzer Seenland/Nada Quenzel Geführte Tour zum Senftenber­ger Hafen

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