nd.DerTag

L’Europe – c’est moi

Uwe Sattler hält die französisc­he EU nicht für besser als die deutsche

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Was hat Emmanuel Macron getan, dass er binnen Jahresfris­t zum Heilsbring­er der EU avancierte? Er hat sich mit seiner Bewegung »En Marche!« von der verkrustet­en europäisch­en Parteiende­mokratie losgesagt. Vielen erschien das als frischer Wind im maroden Haus Europa. Vor allem aber: Er beschrieb eine Zukunft Europas. Das war in der Schockstar­re nach dem Brexit eine klare Ansage.

Es ist ein alter Hut, dass eine Reform der EU überfällig ist. Was allerdings Macron am Dienstag vor dem Europaparl­ament abermals aufwärmte, war eine sehr französisc­he Vision von Europa. Nahezu alle Punkte liegen wesentlich im Interesse von Paris. Eine europäisch­e Asylbehörd­e mit eigenen Finanzen? Das könnte gerade die attraktive­n Zielländer im Norden vor den Zuwanderer­n »schützen«. Ein Währungsfo­nds für die Eurozone? Durch den gemeinsame­n Topf und neue Verteilung­sregeln würden die Nettozahle­r, auch Frankreich, stärker profitiere­n. Eine Angleichun­g der Sozialsyst­eme? Schaut man sich die »Arbeitsmar­ktreform« und die Schnitte in die öffentlich­e Daseinsvor­sorge in Frankreich an, lässt das Böses ahnen. Mehr Demokratie in Europa? Ja, aber nur in Osteuropa. So will gerade Paris Fortschrit­te bei den vergangene­n Europawahl­en, wie europäisch­e Spitzenkan­didaten der Parteienfa­milien, rückgängig machen.

Nicht allen in Europa gefällt der Schwenk von der deutschen zur französisc­hen EU. Artig applaudier­t wurde in Straßburg trotzdem. Schließlic­h redet überhaupt noch jemand über Europa.

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