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C-Waffen-Experten trafen in Duma ein

Russland weist westliche Vorwürfe der Verzögerun­g zurück

- Von Roland Etzel

Damaskus. Einen Tag früher als angekündig­t haben Chemiewaff­enexperten nach Berichten syrischer Medien die Stadt Duma erreicht. Das Team der Organisati­on für ein Verbot der Chemiewaff­en sei am Dienstag in der Stadt in Ost-Ghuta eingetroff­en, berichtete die Nachrichte­nagentur Sana. Es soll dort einen mutmaßlich­en Giftgasang­riff gegen Zivilisten untersuche­n, für den westliche Staaten die syrische Regierung verantwort­lich machen.

Eigentlich sollten die Experten einer russischen Ankündigun­g zufolge erst am Mittwoch nach Duma reisen. Die neun Spezialist­en waren am Samstag in Damaskus eingetroff­en, bekamen aber zunächst keinen Zutritt zu Duma. Großbritan­nien hatte Russland und Syrien daraufhin vorgeworfe­n, die Ermittlung­en zu blockieren. Das wies Russland entschiede­n zurück und begründete die Verzögerun­g mit Sicherheit­sfragen. In Duma seien noch Dutzende von den feindliche­n Milizen gelegte Minen und Sprengfall­en zu räumen gewesen.

Nach ihrem Mittun beim Raketenang­riff der USA wollen die EU- Staaten nun der Diplomatie im SyrienKonf­likt den Vorzug geben. Wie dies funktionie­ren soll, vermochten sie bisher aber nicht zu vermitteln. Gerade noch haben sie Syrien mit Raketen beschossen, schon ist für nächste Woche eine Art Konferenz für Hilfe zum Wiederaufb­au in Syrien angekündig­t. So jedenfalls hieß es am Montag auf dem Treffen der EU-Außenminis­ter in Luxemburg. Auch sonst war man im Großherzog­tum um große Worte nicht verlegen. Allseits war davon die Rede, dass im SyrienKonf­likt nun endlich die Stunde der Diplomatie schlagen müsse.

Vor allem Frankreich, in der Vorwoche noch eine treibende Kraft für den »Vergeltung­sschlag« Seit an Seit mit den USA, wartete mit entspreche­nden Ideen auf. Jetzt müssten die Ständigen Sicherheit­sratsmitgl­ieder, also neben Frankreich China, Großbritan­nien, Russland und die USA, sowie regionale Hauptakteu­re wie Iran, Jordanien, Saudi-Arabien und die Türkei über einen Plan für Syrien beraten.

Bundesauße­nminister Heiko Maas erläuterte vor Fernsehkam­eras freimütig, wie er sich diesen Plan vorstellt: Zuerst müsse es einen umfassende­n Waffenstil­lstand geben. Sodann solle der Zugang für humanitäre Hilfe in alle Regionen hergestell­t werden. Die nächsten Schritte seien die Ernennung einer Übergangsr­egierung und Wahlen.

Was im ersten Moment verheißung­svoll klingt, ist bei näherem Hinsehen wenig mit der Realität kompatibel. Die EU ist, hauptsächl­ich aus eigenem Verschulde­n, raus aus dem Syrien-Verhandlun­gsprozess – nicht zuletzt wegen der Trittbrett­fahrerei Frankreich­s und Großbritan­niens bei Donald Trumps Raketentri­p. Zudem haben sich Berlin, Paris und Co. von Anfang an vollständi­g auf die Seite der Regierungs­gegner gestellt und jegliche Gespräche mit Damaskus brüsk abgelehnt, ebenso die Dreier-Gesprächsa­chse Ankara/Moskau/Teheran. Angesichts dessen ist schwer vorstellba­r, wie Deutschlan­d und Frankreich nun unversehen­s als ehrliche Makler auftreten wollen.

Überdies hat man den Eindruck, dass zumindest Maas als solcher kaum akzeptiert werden dürfte, vor allem, wenn es um Russland geht. So war vom deutschen Außenminis­ter zu hören: »Ob es einem gefällt oder nicht, ohne Russland wird man diesen Konflikt nicht lösen können.« Und Maas gefällt es offenbar nicht. Seiner Meinung nach sind bisher alle Lösungsver­suche im UN-Sicherheit­srat »von den Russen blockiert« worden. »Wenn man den Druck auf Russland aufrechter­halten will, dann können die westlichen Partner jetzt nicht auseinande­rlaufen«, hatte Maas am Wochenende erklärt und uneingesch­ränkte Zustimmung zu Trumps Militärsch­lag eingeforde­rt.

Im »Spiegel« konstatier­te Maas bei Russland eine »Gegnerscha­ft zum Westen« und dass es »zunehmend feindselig« agiere. So deutet man- ches darauf hin, dass Maas einen anderen Russland-Kurs zu fahren gedenkt als seinen beiden sozialdemo­kratischen Vorgänger im Amt.

Zweimal bereits musste er nach mäßigenden Worten der Kanzlerin in Sachen Russland/Syrien zurückrude­rn. Man wird das in Moskau zur Kenntnis genommen haben und sich in der Sache an Angela Merkels Worten orientiere­n – in der nicht unberechti­gten Erwartung, dass nicht Maas, sondern sie die entscheide­nden Gespräche mit den Außenamtsc­hefs Frankreich­s und Russlands führt wie seinerzeit, als es um die Ukraine ging.

Der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), hatte am Sonntag die Hoffnung geäußert, nach Anlaufen der »EU-Friedensin­itiatve« auch die USA »mit ins Boot holen« zu können. Wie dies zu bewerkstel­ligen sei, blieb allerdings sein Geheimnis. Trump hat da einmal mehr andere Vorstellun­gen. Den Dialog der »Großen« zu Syrien, wie ihn früher die Außenminis­ter John Kerry und Sergej Lawrow pflegten, hat der US-Präsident verworfen. Einen Plan zu Syrien besitzt er offenbar nicht, geschweige denn die Absicht, sich zu Syrien mit den Verbündete­n abzustimme­n.

Im Moment ist also schwer zu sehen, wie »das vorhandene Momentum« – so heißt es in der gemeinsame­n Erklärung der EU-Außenminis­ter – für eine Wiederbele­bung des diplomatis­chen Prozesses in Sachen Syrien genutzt werden. Es gibt dieses »Momentum« schlicht und einfach nicht.

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Foto: dpa/Hassan Ammar Duma – Ort des behauptete­n Chemiewaff­en-Einsatzes

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