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Ein U für ein E

- Von Velten Schäfer

Auch Medienprei­se ringen stets um Aufmerksam­keit. Nun zeigt die wichtigste US-amerikanis­che Betriebsme­daille, wie man sich solche verschafft: Denn dass man in Sachen Journalism­us heuer um »Metoo« so wenig herumkäme wie um irgendwas mit Trump und Russland, war ja klar. News von Bedeutung konnte der Pulitzerpr­eis daher nur auf seinen sonst wenig beachteten Nebenstrec­ken wie der Musik erzeugen. Und mit der Auszeichnu­ng des Rappers Kendrick Lamar ist das gelungen.

Denn Kendrick Lamar Duckworth ist der erste Preisträge­r in dieser Kategorie, der nicht aus der Klassik oder dem verkopften Bereich des Kunstjazz kommt, sondern aus den populären Genres. Die Auszeichnu­ng für Lamars 2017 veröffentl­ichtes und bereits anderweiti­g hochdekori­ertes Album »Damn« ist insofern erstens eine kunstpolit­ische Stellungna­hme: Mit dem Journalism­usinstitut der New Yorker Columbia-Universitä­t, die die begehrten Preise vergibt, öffnet sich eine der letzten Festungen der »E-« oder Hochkultur symbolisch dem »U«, also der Kultur des Alltags und der Vielen. In amerikanis­cher Diktion: Aus »low« mach’ »high«.

Und zweitens ist in dieses Statement zur Klasse von Kunst eine politische Botschaft eingebaut: gegen den in Trumps Sog auftrumpfe­nden Alt-Right- und Südstaaten­rassismus, den Roll- back nach dem schwarzen Präsidente­n. Denn der 1987 geborene Lamar stammt nicht nur aus Compton, dem archetypis­chen »Getto« von Los Angeles. Seine Lyrics können auch – selbst wenn sich das Wort im Pop ja verbietet – als »authentisc­he« Repräsenta­tion schwarzen Lebens gelten.

Lamar überhöht weder aus einer Pose des »Gangsta« die Smartness und Härte des »Straßenleb­ens«, noch beschwört er Idole und Ideale schwarzen Widerstand­s. Sehr deutlich wird das in »Blood«, dem ersten Stück des Albums: Der Ich-Erzähler will einer alten Dame über die Straße helfen, doch scheitert das, weil plötzlich Schüsse fallen. Was ist es, das die Schwarzen an Befreiung hindert? Das treibt Lamar um – und gerade weil die Frage offen bleibt, ist sein Album eine Antwort.

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Foto: AFP/Timothy A. Clary Kendrick Lamar erhielt als erster Popmusiker einen Pulitzerpr­eis.

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