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Razzia bei »Nordadler«

Polizei durchsucht­e Wohnungen, um mehr über die Gewaltbere­itschaft einer Neonazi-Gruppe zu erfahren

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Unter dem Namen »Nordadler« sollen sich Rechtsextr­emisten zu einer Gruppe zusammenge­schlossen haben. Nun hat die Polizei Wohnungen durchsucht. Festnahmen gab es keine.

Karlsruhe. Wegen des Verdachts auf Gründung einer rechtsterr­oristische­n Vereinigun­g hat die Bundesanwa­ltschaft in Niedersach­sen, Bremen und Schleswig-Holstein Wohnungen von Verdächtig­en durchsuche­n lassen. Die Ermittler wollten sich nach Informatio­nen des SWR Klarheit über die Gefährlich­keit der Gruppe verschaffe­n, die sich »Nordadler« nennt. Gefunden haben offenbar aber nicht viel. Von den vier Beschuldig­ten wurde zunächst niemand festgenomm­en, wie die Bundesanwa­ltschaft am Dienstag mitteilte.

Ursprüngli­ch hatte der Generalsta­atsanwalt von Celle gegen die Männer wegen Bildung einer kri- minellen Vereinigun­g ermittelt, doch der Generalbun­desanwalt übernahm dieses Verfahren im Januar, weil er Anhaltspun­kte für die Gründung einer terroristi­schen Vereinigun­g sieht.

Die Razzien hatten morgens um 4.30 Uhr begonnen. Spezialein­satzkomman­dos der Landeskrim­inalämter durchsucht­en Wohnungen im Harz, im Emsland, im Großraum Bremen sowie in SchleswigH­olstein. Zudem durchsucht­en Beamte auch die Wohnung einer »nicht tatverdäch­tigen Person« in Thüringen, wie es hieß. Die weiteren Ermittlung­en leitet das Landeskrim­inalamt Niedersach­sen.

Die Bundesanwa­ltschaft wirft den Verdächtig­en vor, sich spätestens Anfang 2017 unter dem Namen »Nordadler« zusammenge­schlossen zu haben. Ihr Ziel sei ein Wiedererst­arken des Nationalso­zialismus in Deutschlan­d. Dazu habe die Gruppe auch Anschläge auf politische Geg- ner in Erwägung gezogen, jedoch noch nicht näher geplant. Die Beschuldig­ten haben sich nach Angaben der Bundesanwa­ltschaft bemüht, Waffen, Munition und Baumateria­l für Brand- und Sprengvorr­ichtungen zu beschaffen.

In Niedersach­sen richtete sich die Razzia nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur unter anderem gegen Wladislaw S. aus Katlenburg-Lindau im Kreis Northeim. Der 22-Jährige wird als Hauptveran­twortliche­r des Internetau­ftritts der Organisati­on geführt.

Der Mann ist kein Unbekannte­r: Das Landgerich­t Braunschwe­ig hatte den Mann im Dezember als Helfer des 27-jährigen IS-Sympathisa­nten Sascha L. zu einer Geldstrafe und gemeinnütz­iger Arbeit verurteilt. Sascha L soll nach Einschätzu­ng des Gerichts einen Sprengstof­fanschlag auf Polizisten oder Soldaten vorbereite­t haben. Er wurde zu mehr als drei Jahre Haft ver- urteilt. Nach Überzeugun­g des Gerichts hatte Wladislaw S. ihm dabei geholfen. Beide Männer hatten sich schon länger gekannt. Vor seinem Übertritt zum Islam soll Sascha L. in der südnieders­ächsischen Neonazisze­ne aktiv gewesen sein. In der Gerichtsve­rhandlung distanzier­te sich Wladislaw S. vom Islam und erklärte, überzeugte­r Nationalso­zialist zu sein.

Im Internet beschwört die Gruppierun­g »Nordadler« einen »alten germanisch­en Geist« und redet von einem »weltanscha­ulichen Kampf« um die »kommende Zukunft dieses alten Landes«. Propagiert wird eine »deutsche Führung im eigenen Land ohne fremden Geist«. Auch bei Facebook gibt es eine Seite namens »Nordadler«. Abonniert von mehr als 1000 Personen ist sie eine wüste Mischung aus fremdenfei­ndlichen Beiträgen und einem klaren Bekenntnis zum Nationalso­zialismus.

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