Bocksgesang der Scheinheiligen
Kollegah, Farid Bang und der Antisemitismus im Deutschrap
der auch musikalisches Thema im Frankfurt-»Tatort« der ARD war, vertickt er »Kokain an die Juden von der Börse«; 2010 verfluchte er in »Mama reich mir die Hand« das Judentum. Juden, so die Botschaft, sind ein Synonym für Banken, Kapitalismus, Ausbeutung.
Mittlerweile hat sich der 32-Jährige von diesen Zeilen distanziert und um Entschuldigung gebeten. Ob das ehrlich gemeint ist, sei dahingestellt, aber seine Erklärung für den gerade unter Jugendlichen aus arabischen und türkischen Einwandererfamilien verbreiteten Judenhass sollte man ernst nehmen. In einem Interview mit der Tageszeitung »Die Welt« (»Ich bin genauso deutsch wie mein Nachbar Marius«) sagte er Ende 2014: »Ich bin unter Türken und Arabern aufgewachsen. Da werden Juden nicht gemocht. Es gibt ja auch keine dort. Ich will Ihnen verraten, wie ein 16-jähriger Offenbacher tickt: Für den ist alles, was mächtig ist und reich, aus seiner beschränkten Sicht jüdisch. Er hängt mit anderen 16-Jährigen herum. Sie hassen alles. Deutsche sind für sie Kartoffeln.« Frei gemacht habe er sich von diesen Vorurteilen unter anderem durch die Begegnung mit Juden.
Vielleicht, und dies nur so als Anregung, sollten sich all die von Guttenbergs, Maas, Kühnerts und all jene, die sich in den kommenden Tagen noch zu Kollegah und Farid Bang äußern werden und für die Auschwitz zur Drohroutine, zur Moralkeule, zur Pflichtübung und zum ritualisierten Lippenbekenntnis geworden ist, einmal Gedanken darüber machen, aus welcher sozialen Schicht jene 16-Jährigen kommen, von denen Haftbefehl sprach, und welche Erfahrungen sie mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft gemacht haben. Ein kleiner Tipp: Kinder von Bankangestellten sind eher nicht darunter.