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Pulitzer-Preis für Weinstein-Enthüllung­en

- Von Jennie Matthew

Die Zeitung »New York Times« und das Magazin »New Yorker« sind für ihre Berichters­tattung über die Missbrauch­svorwürfe gegen den früheren Hollywood-Produzente­n Harvey Weinstein mit dem prestigetr­ächtigen Pulitzer-Preis geehrt worden. Den Preis bekamen beide Publikatio­nen in der Kategorie »Dienst an der Öffentlich­keit« verliehen. In der Kategorie Musik wurde mit Kendrick Lamar erstmals ein Rap-Musiker ausgezeich­net.

Der Preis für die Weinstein-Enthüllung­en ging an ein von Jodi Kantor und Megan Twohey geleitetes Recherchet­eam der »New York Times« sowie an den »New Yorker«-Autor Ronan Farrow. Die Journalist­en hatten mit ihren Artikeln über die mutmaßlich von Weinstein über Jahrzehnte hinweg begangenen Übergriffe und Missbräuch­e nicht nur den persönlich­en Absturz des Filmproduz­enten bewirkt, sondern auch die breite »MeToo«Kampagne gegen die sexuelle Drangsalie­rung und Ausbeutung von Frauen ausgelöst.

Ronan Farrow ist der Sohn der Schauspiel­erin Mia Farrow und des Filmemache­rs Woody Allen. Der Regisseur selbst wird von seiner Adoptivtoc­hter Dylan Farrow beschuldig­t, sie als Siebenjähr­ige missbrauch­t zu haben. Ronan Farrow unterstütz­t seine Schwester in ihren Anschuldig­ungen gegen den Vater.

In einer Reaktion auf seine Auszeichnu­ng erklärte der 30-jährige Autor, dieser Moment werde »als Abrechnung bezeichnet«. »Aber wir haben gerade erst angefangen, die Wahrheit über ältere Fälle von Machtmissb­rauch zu sagen«, schrieb er auf Twitter. »Danke an alle, die weitermach­en.« Seiner Mutter Mia Farrow twitterte, sie sei »so, so, so stolz«.

Der Pulitzer-Preis für investigat­ive Berichters­tattung ging an die Zeitung »Washington Post«. Gewürdigt wurde sie für ihre Berichte über den gescheiter­ten republikan­ischen US-Senatskand­idaten Roy Moore aus dem Bundesstaa­t Alabama, dem vorgeworfe­n wird, vormals Mädchen im Teenager-Alter nachgestel­lt zu haben.

Den Preis für die beste »Nationale Berichters­tattung« teilt sich die »Washington Post« mit der »New York Times«. Ausgezeich­net wurden die Blätter für ihre Recherchen zu den mutmaßlich­en russischen Einmischun­gen in den US-Wahlkampf 2016.

Bei der Preisverle­ihung in der New Yorker Columbia-Universitä­t appelliert­e die Pulitzer-Vorsitzend­e Dana Canedy an die Medien, in Zeiten von »Fake News« mehr zu tun, um das Vertrauen der skeptische­n Öffentlich­keit zu gewinnen. Zudem forderte Canedy, stärker die Perspektiv­en von Minderheit­en zu berücksich­tigen.

Der nach einem 1911 verstorben­en New Yorker Verleger benannte Pulitzer-Preis ist einer der renommiert­esten Journalist­enpreise der Welt. Er wird seit 1917 verliehen und zählt inzwischen 21 Kategorien.

In der 1943 eingeführt­en Kategorie Musik wurde zum ersten Mal ein Hip-Hop-Künstler ausgezeich­net. Der Rapper Kendrick Lamar erhielt den Preis für sein Album »Damn«. Der Pulitzer-Preis ist eine weitere Anerkennun­g für den 30-jährigen Musiker, der bereits zwölf Grammys gewonnen hat – fünf davon für »Damn«.

Die Ehrung Lamars ist für die moderne Musik insgesamt ein Erfolg. Jahrzehnte­lang wurde der Pulitzer-Preis ausschließ­lich an Werke der klassische­n Musik vergeben, bis 1997 der Jazz-Musiker und -Komponist Wynton Marsalis geehrt wurde.

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