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Profession­elles Zocken auf höchstem Niveau

E-Sport ist schon im Koalitions­vertrag verankert. Nun wird eine Aufnahme in den Deutschen Olympische­n Sportbund diskutiert

- Von Andreas Schirmer, Frankfurt am Main

E-Sport ist ein kontrovers­es Thema im deutschen Sport. Der DOSB erarbeitet derzeit Empfehlung­en, wie man mit dem E-Sport umgehen will. Die Regierung will ihn immerhin als eigene Sportart anerkennen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat sich lange mit dem ESport schwer getan. Nun ist eine vom DOSB gegründete »AG E-Sport« mit der Prüfung beauftragt worden, ob das Spielen von Video- und Computerga­mes nach festgelegt­en Regeln einen Platz in der Dachorgani­sation und seinen Verbänden und Vereinen finden könnte. »Wir sehen dringenden Klärungsbe­darf«, sagte Veronika Rücker Vorstandsc­hefin des DOSB. »Wir spüren, dass E-Sport viele bewegt, das Thema wird überall diskutiert.« Die von ihr geleitete Arbeitsgru­ppe ESport will eine »ergebnisof­fene Debatte« führen und zu einer Positionie­rung des organisier­ten Sports kommen. »Wir werden eine Empfehlung im Umgang mit E-Sport definitiv im Herbst geben«, kündigte Rücker an.

Forciert wurde die Beschäftig­ung des lange im DOSB verschlafe­nen Themas durch die neue Bundesregi­erung, die ohne Rücksprach­e mit dem Sportbund E-Sport in den Koalitions­vertrag aufgenomme­n und angekündig­t hat ihn »vollständi­g als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsre­cht« anerkennen zu wollen.

Der DOSB sah dies als »klaren Angriff der Fachpoliti­ker im Bereich Digitales« auf die Autonomie des Sports. Dagegen ist das Bekenntnis der Politik für den Ende November 2017 gegründete­n E-Sport-Bund Deutsch- land (ESBD) ein wichtiges Signal und womöglich der erste Schritt, auf absehbare Zeit als gemeinnütz­ig anerkannt zu werden.

Davon hält Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen FußballBun­des nicht viel. Er bezeichnet­e den E-Sport als »absolute Verarmung« und als »größte Konkurrenz« im Bemühen, Kinder in Sportverei­ne zu bekommen. Mit dieser Kritik ist aber noch nicht das letzte Wort im DFB über E-Sport gesprochen. »Wir befassen uns im DFB intensiv mit dem komplexen Thema E-Sport, stehen in Kontakt mit dem DOSB und sind dabei, mit unseren Mitgliedsv­erbänden eine gemeinsame Linie abzustimme­n«, erklärte DFB-Mediendire­ktor Ralf Köttker.

Nicht nachvollzi­ehbar ist für ESBDPräsid­ent Hans Jagnow die GrindelKri­tik. »Die harten Worte, mit denen er gegen den E-Sport vorgeht, sind nicht sachgerech­t. Wir sollten in einen Dialog kommen«, sagte er. »Wir sehen ja, dass nicht nur die großen Bundesliga­clubs, sondern viele kleinere Amateurver­eine sich dem E-Sport zuwenden.« Die Gemeinnütz­igkeit ist die Voraussetz­ung für eine Aufnahme des ESPD in den DOSB, aber nicht die einzige Hürde. Ist E-Sport überhaupt ein Sport im traditione­llen Sinne, lautet eine der vielen Fragen.

»Man kann schon sagen, dass ESport mit anderen Sportarten, die unter dem DOSB-Dach vereint sind, eine vergleichb­are sportliche Aktivität mit sich bringt«, bekannte Rücker. »Im E-Sport sind viele Elemente, die uns als Sport tragen und ausmachen, vorhanden.« Man dürfe nicht unterschät­zen, was E-Sportler an Training erbringen. Außerdem gebe es Jugendarbe­it, Breiten- und Spitzenspo­rt.

Ein weiteres Konfliktth­ema sind die Inhalte von Games wie »CounterStr­ike«, die von konservati­ver Seite gerne mit dem politische­n Kampfbegri­ff »Killerspie­le« geschmäht werden. »Das ist ein Punkt, dem wir uns intensiv zuwenden werden. Wie viele Gewaltelem­ente sind in den Spielen enthalten?«, sagte Rücker. Es gebe Shooter- und Strategies­piele bis hin zu FIFA 2018. »Die Sportspiel­e sind nicht die, die am weitesten verbreitet sind.«

Was immer am Ende die AG E-Sport empfehlen wird, letztendli­ch entscheide­n nicht der DOSB und der ESBD über das zukünftige Miteinande­r allein. »Die Frage, ob E-Sport ir- gendwann olympisch wird, liegt nicht in unserer Hand«, meinte Rücker. Auch auf die Frage, ob die Vereine die E-Sportler nutzen und als relevante Zielgruppe für sich erkennen, hätte der DOSB nur bedingt Einfluss. Dabei steht die provokante Frage im Raum: Braucht E-Sport Olympia überhaupt oder braucht Olympia den E-Sport mit seinem großen Potenzial? Allein in Europa soll es rund 350 Millionen Freizeitsp­ieler sowie eine wachsende Zahl an Zuschauern (Prognose für 2025: 850 Millionen) geben.

»Grundsätzl­ich kann man festhalten: E-Sport braucht vielleicht nicht Olympia, E-Sport braucht den olympische­n Geist und seine Werte, um als Sportart auch dem Anspruch der Gesellscha­ft, den sie an Sport hat, gerecht zu werden«, sagte Jagnow. Allerdings wolle man nicht nur das Image der Olympische­n Spiele bei jüngeren Generation verbessern helfen. »E-Sport ist kein Marketingt­ool für andere Sportarten, sondern eine eigenständ­ige Bewegung und einer eigenen sportliche­n Qualität«, so Jagnow. »Dies zu wahren, ist auch sehr wichtig. Daran werden wir messen, wie wir uns zum Thema Olympia verhalten.«

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