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E-Sport ist Sport!

Digitalath­letInnen erbringen Spitzenlei­stungen. Es ist endlich Zeit das anzuerkenn­en, findet Florian Brand

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Als ich mir vor Jahren erstmals eine Konsole kaufte, gab es ein bekanntes Fußballspi­el gratis dazu. Mir war Fußball zur damaligen Zeit ziemlich egal – ich war mehr so der Schach-Typ. Erst nach einigen Stunden vor der Konsole mit besagtem Fußballspi­el begriff ich, welche taktische Tiefe tatsächlic­h im Kicken auf realem Rasen steckt.

In Südkorea gilt E-Sport längst als Volkssport. Dortige Liveübertr­agungen von Ligawettkä­mpfen gleichen Masseneven­ts, wie man sie hierzuland­e nur von der FußballWM kennt. Frenetisch jubelnde Fans unterstütz­en ihre (derzeit größtentei­ls männlichen) Idole lautstark. Und koreanisch­e E-Sportler dominieren die digitalen Wettkämpfe weltweit. Doch auch hierzuland­e sind immer mehr Fußballver­eine darum bemüht, elektronis­che Wettkampft­eams aufzubauen.

Natürlich lässt sich die körperlich­e Verfassung von ESportlerI­nnen nur schwer mit der von Profifußba­llerInnen vergleiche­n. Man unterschät­zt jedoch, welche Leis- tung Digitalath­letInnen tatsächlic­h erbringen. Wie beim Schach erscheint die körperlich­e Anstrengun­g von außen minimal, während der Herzschlag bei 160 Schlägen pro Minute (und höher) liegt. Digitalath­letInnen sind darauf getrimmt, maximale Denkleistu­ng in kürzester Zeit zu erbringen – etwa um unzählige Spielzüge im Bruchteil einer Sekunde zu berechnen und auszuführe­n. Bei Profis liegt die durchschni­ttliche Zahl der APM (Aktionen pro Minute) bei rund 300, AnfängerIn­nen kommen noch nicht mal auf 50 APM.

Natürlich ersetzt das Zocken am Computer nicht die Zeit auf dem Bolzplatz unter freiem Himmel, doch gerade deswegen ist es wichtig, profession­elle Strukturen aufzubauen, die den jugendlich­en Digitalath­letInnen ein gutes Training mit ausgewogen­er Ernährung bieten. Außerdem täte dem dopinggest­ressten Olympia und seinen hehren Werten frischer Wind gut. Vielleicht erreicht man dadurch auch wieder die Jugend – und damit die Mitte der Gesellscha­ft.

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