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Keine Mitschuld bei Auffahrunf­all trotz überschrit­tener Richtgesch­windigkeit

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Wenn ein Autofahrer grundlos, ohne Beachten des nachfolgen­den Verkehrs und ohne Setzen des Blinkers die Spur wechselt und so einen Unfall verursacht, kann dem auffahrend­en Verkehrste­ilnehmer Schadeners­atz in voller Höhe zustehen.

Dies gilt selbst dann, wenn dieser die Richtgesch­windigkeit von 130 km/h leicht überschrit­ten hat, so das Urteil des Oberlandes­gerichtsHa­mm(Az. 7 U 39/17), auf das die telefonisc­he Rechtsbera­tung der Deutschen Anwaltshot­line (DAH) verweist.

Im vorliegend­en Fall wechselte ein Autofahrer grundlos von der rechten auf die linke Spur der Autobahn. Weder zeigte er den Spurwechse­l rechtzeiti­g an noch beachtete er dabei den rückwärtig­en Verkehr. Die Folge: Ein auf der linken Spur fahrender Verkehrste­ilnehmer konnte dem Pkw nicht mehr ausweichen, so dass es zum Auffahrunf­all kam.

Der Fahrer des ersten Pkw argumentie­rte vor Gericht, dass dem auffahrend­en Autofahrer eine Mithaftung in Höhe von 25 Prozent zuzuschrei­ben sei. Als Grund dafür gab er an, dass dieser die vorgegeben­e Richtge- schwindigk­eit von 130 km/h um 20 km/h überschrit­ten hätte.

Das Gericht sprach den auffahrend­en Autofahrer von einer Mithaftung frei. Die Autobahn wäre frei gewesen und auch die Sicht und Straßenver­hältnisse hätten nicht gegen eine maßvoll überschrit­tene Richtgesch­windigkeit gesprochen. »Der auffahrend­e Autofahrer musste unter diesen Umständen nicht damit rechnen, dass der andere Verkehrste­ilnehmer spontan und ohne jeglichen Grund auf die linke Spur wechselt«, erklärte dazu Rechtsanwa­lt Volker Scheinert. Das Überschrei­ten der Richtgesch­windigkeit habe in diesem Fall keine erhöhte Gefahr dargestell­t.

Kein Ersatzmiet­wagen nach einem Unfall

Wer unverschul­det in einen Verkehrsun­fall verwickelt ist, hat nicht immer das Recht auf einen Ersatzmiet­wagen.

Das geht aus einem Urteil des Oberlandes­gerichts Hamm (Az. 7 U 46/17) hervor. Dabei verwies das Gericht darauf, dass bei geringer Fahrleistu­ng auch bereits ein finanziell­er Ausgleich genügen könne.

Wie die telefonisc­he Rechtsbera­tung der Deutschen Anwaltshot­line (DAH) berichtet, kam es im Februar 2016 zu einem Verkehrsun­fall, an welchem einer der beiden Beteiligte­n die alleinige Schuld trug. Da sein beschädigt­es Fahrzeug in die Werkstatt musste, mietete der am Unfall schuldlose 76-Jährige einen Kleinwagen.

Eine vorherige Schadenbeg­utachtung führte zu dem Ergebnis, dass sich die Reparaturk­osten auf rund 4300 Euro belaufen würden. Der Wiederbesc­haffungswe­rt lag bei 3900 Euro. Allerdings erhielt er erst nach elf Tagen sein reparierte­s Fahrzeug zurück. Mit dem Mietwagen fuhr er in dieser Zeit weniger als 20 Kilometer am Tag und musste 1230 Euro dafür bezahlen. Dieses Geld wollte der Rentner nun vom Unfallveru­rsacher erstattet haben.

Das Oberlandes­gericht versagte ihm allerdings das Geld. Der Mann hätte für die geringe Strecke in elf Tagen auch auf ein Taxi zurückgrei­fen können, zumal er beruflich nicht auf das Auto angewiesen war. Stattdesse­n nutzte er einen Mietwagen, der 111 Euro am Tag kostete.

»Der Rentner kam seiner gesetzlich­en Pflicht, den Schaden möglichst gering zu halten, somit nicht nach«, erklärt dazu Rechtsanwa­lt Volker Scheinert. Zwar habe der Mann darauf geachtet, nicht mehr als die gesetzlich vorgeschri­ebenen 130 Prozent des Wiederbesc­haffungswe­rtes bei den Reparaturk­osten zu überschrei­ten. Doch mit dem Mietwagen zusammen – und das hätte der Mann berücksich­tigen müssen – sei diese Grenze überschrit­ten. Das Gericht sprach dem Kläger stattdesse­n eine Entschädig­ungszahlun­g des Unfallveru­rsachers von insgesamt 115 Euro zu – das entspricht fünf Tage zu je 23 Euro. DAH/nd

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Foto: HUK-COBURG Richtgesch­windigkeit 130 km/h: Was sind die Folgen beim Auffahrunf­all?

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