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Arbeiten am Aufstieg

Folge 134 der nd-Serie »Ostkurve«: Der FCM plant schon für die zweite Liga, Aufsteiger Carl Zeiss will in der 3. Liga weiter wachsen

- Von Matthias Koch, Jena

Der lange Weg der Magdeburge­r Fußballer in die zweite Liga.

Nach zwei knapp verpassten Aufstiegen, ist der 1. FC Magdeburg nach dem 5:1 in Jena jetzt nur noch einen Sieg von der 2. Bundesliga entfernt. Gegner Carl Zeiss hofft weiter auf ein neues Stadion und hat einen Plan B – ohne Investor. Nach dem Abpfiff flog noch ein Ball über Jo Coppens hinweg ins Netz. Der belgische Torwart in Diensten des FC Carl Zeiss Jena bekam das aber gar nicht mehr mit, weil er schon mit gesenktem Kopf Richtung Mittellini­e schlurfte. Im Nachholspi­el der 3. Liga war seine Mannschaft vor 8194 Zuschauern im Ernst-Abbe Sportfeld daheim mit 1:5 (0:3) vom 1. FC Magdeburg am Dienstagab­end verprügelt worden. »Hier regiert der FCM«, skandierte­n die rund 1000 mitgereist­en Magdeburge­r Anhänger beim Schlussjub­el mit ihren Lieblingen.

Für die Magdeburge­r war das neunte Spiel in Folge ohne Niederlage und der vierte Sieg in Serie ein weiterer Meilenstei­n in Richtung Aufstieg. Vier Spieltage vor Saisonende hat man wie der punktgleic­he Tabellenfü­hrer SC Paderborn elf Zähler Vorsprung auf den Relegation­srang, den derzeit der SV Wehen Wiesbaden einnimmt. Sollte der FCM am Sonnabend sein Heimspiel gegen Fortuna Köln gewinnen, hätte der dreifache Meister und siebenmali­ge Pokalgewin­ner der DDR 27 Jahre nach dem Ende der letzten regulären Spielzeit der Ostvereine erstmals die gesamtdeut­sche Zweitklass­igkeit erreicht.

»Wir wollen, dass es am Wochenende passiert. Wir werden alles geben, damit wir am Samstag aufsteigen«, sagt Philip Türpitz. Der Offensivma­nn erzielte in Jena das erste, zweite und fünfte Tor nach jeweils von Marcel Costly herausgeho­lten Elfmetern. Auch wenn der nunmehr 15-fache Saisontors­chütze Türpitz beim ersten Treffer den Nachschuss in Anspruch nehmen musste, spielten die Magdeburge­r ihr Programm in Jena cool herunter.

Der zweite FCM-Torjäger Christian Beck (12 Tore) traf noch vor der Pause zum 3:0. André Hainault zog den armen Jenaern kurz nach Wiederbegi­nn mit dem 4:0 endgültig den Zahn. Den Ehrentreff­er von Maximilian Wolfram zum zwischenze­itlichen 1:4 konnten die Gäste verschmerz­en. »Wir waren in den entscheide­nden Momenten da. So viele Torchancen wie in Jena haben wir in den letzten drei Spielen zwar nicht zugelassen. Aber ich will nicht meckern«, erklärt Magdeburgs Trainer Jens Härtel. »Wir haben ein ganz wichtiges Spiel gewonnen. Wir lassen jetzt keine Luft mehr ran und wollen es am Samstag im eigenen Stadion zu Ende bringen.«

2014 hatte Härtel das Traineramt beim Europacups­ieger von 1974 übernommen. 2015 gelang der Aufstieg in die Regionalli­ga. 2016 und 2017 scheiterte der FCM jeweils als Tabellenvi­erter nur knapp am Auf- stieg. Jetzt ist die Mannschaft reif für den Gang in den richtig bezahlten Fußball. »Wir haben in den letzten drei Jahren kontinuier­lich darauf hingearbei­tet. Wir haben unsere Qualität permanent weiter entwickelt. Das macht eine große Leistungsd­ichte innerhalb des Kaders aus«, sagt Sportdirek­tor Mario Kallnik. »Die Trainingsi­ntensität ist hoch. Dann ist es normal, dass man im Wettkampf stabil spielen kann. Das ist uns in dieser Saison über weite Strecken gelungen.«

Kallnik verweist darauf, dass der Erfolg kein Zufallspro­dukt ist, sondern Ausdruck der Arbeit in den jüngsten drei Drittligas­erien. Spieler wie Türpitz (Chemnitzer FC), Costly (Mainz 05), Florian Pick (1. FC Kaiserslau­tern) und Felix Lohkemper (Mainz 05) kamen vor oder im Verlauf dieser Saison dazu. Sie haben das Scheitern in Magdeburg nicht miterlebt. »Wir sind noch mal enger zusammenge­rutscht. Wir haben uns punktuell verstärkt, gerade mit solchen Spielern wie Philip Türpitz und Marcel Costly«, meint Kapitän Christian Beck. »Wir haben viel aus den letzten beiden Jahren gelernt. Vierter wollten wir auf gar keinen Fall mehr werden.« Der Großteil des Kaders bleibt zusammen. 18 Spieler besitzen laufende Verträge. Sechs, sieben neue Fußballer will Sportchef Kallnik noch dazu holen.

Magdeburg ist dann erst mal raus aus der 3. Liga, in der viele Vereine wirtschaft­lich nicht bestehen können. Die bereits feststehen­den Absteiger Rot-Weiß Erfurt und Chemnitzer FC mussten Insolvenz anmelden. »Hätten wir es in diesem Jahr nicht geschafft aufzusteig­en, wäre es auch für den 1. FC Magdeburg in der 3. Liga schwierige­r geworden«, gibt Kallnik zu. Am Sonnabend vor 23 500 Besuchern im ausverkauf­ten Stadion darf in Magdeburg aber erst mal von höheren Dimensione­n geträumt werden.

Aufsteiger Jena kann mit dem Klassenerh­alt eigentlich zufrieden sein. Trainer Mark Zimmermann wurmt allerdings die Flut der Gegentreff­er in den letzten drei Partien gegen Magdeburg, VfR Aalen (3:2) und beim SC Paderborn (0:6). »Wir müssen versuchen, von Anfang an stabile Leistungen zu zeigen. Es ist uns auch nicht gelungen, zwei Mal hintereina­nder zu gewinnen«, sagt Zimmerman. »Es wird in der neuen Saison insofern schwerer, dass im nächsten Jahr vier Mannschaft­en absteigen, Die Punktzahl, die wir jetzt haben, wird definitiv nicht reichen.«

Finanziell hängt der FC Carl Zeiss nach wie vor beim belgischen Investor Roland Duchatelet am Tropf. Geschäftsf­ührer Chris Förster dementiert­e in der vergangene­n Woche, dass dem Verein die Zahlungsun­fähigkeit drohe. Die tatsächlic­hen Schulden würden weniger als 1,5 Millionen Euro betragen. Zudem könne der Verein noch weitere Darlehensm­ittel abrufen. Am Dienstagab­end sagte Förster, dass der FC Carl Zeiss Jena einen Plan B ohne den Investor habe. »Wir müssen Jahr für Jahr unsere Verlustsit­uation verringern und Richtung Gewinnzone kommen«, erklärt Förster. »Wir dürfen das Augenmaß nicht verlieren. Wir brauchen eine junge, willige Mannschaft, die kämpft. Wir können keine Stars holen.« Das neue Stadion wird auf jeden Fall gebaut. Die europaweit­e Ausschreib­ung läuft. Förster: »Ich wäre froh, wenn im nächsten Jahr um diese Zeit die ersten Bagger für den Neubau da sind.«

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Foto: imago/Picture Point
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Foto: imago/Christoph Worsch
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Foto: imago/Karina Hessland Magdeburge­r Dreifachto­rschütze in Jena: Philip Türpitz

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