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Deutscher YPG-Kämpfer offenbar in Afrin verletzt

In den Reihen der syrisch-kurdischen Miliz gibt es viele Ausländer. Einer von ihnen berichtete nun von der Front

- Von Sebastian Bähr

Mitte März hatte die türkische Armee zusammen mit verbündete­n Islamisten die Stadt Afrin in Nordsyrien eingenomme­n. Auf der Seite der Kurden kämpfte auch ein ehemaliger Bundeswehr­soldat. Türkische Truppen oder mit ihnen verbündete Milizen haben offenbar einen deutschen Freiwillig­en der syrisch-kurdischen Volksverte­idigungsei­nheiten YPG schwer verwundet. Martin Klamper, der seinen richtigen Namen nicht angeben möchte, erklärte gegenüber »nd«, dass er von Ende Januar bis Mitte März in der nordsyrisc­hen Enklave im Einsatz gewesen sei. Zu dieser Zeit führte die türkische Armee gemeinsam mit Milizen der Freien Syrischen Armee eine Offensive gegen den Kanton.

Klamper gab an, Mitte Februar während der Kampfhandl­ungen in dem Dorf Jandaris von einem Mörser getroffen worden zu sein. Die Granate sei knapp neben ihm explodiert. »Ich hatte Metallspli­tter in meinem ganzen Körper«, so der Freiwillig­e, der nach eigenen Angaben Anfang 20 ist und aus Nordrhein-Westfalen kommt. Noch heute würden sich Metallspli­tter in seinem Körper befinden, mehrere in der Nähe seiner Wirbelsäul­e. »Ich hatte Glück, mein Leben war in Gefahr«, sagt Klamper. »Ein anderer Internatio­nalist war nach einem Granatenei­nschlag gestorben.«

Nach eigenen Angaben reiste der ehemalige Bundeswehr­soldat Klamper nach Rojava, um die Terrormili­z »Islamische­r Staat« zu bekämpfen. Durch den Angriffskr­ieg der Türkei auf den nordsyrisc­hen Kanton musste er sich jedoch entscheide­n, ob er weiterhin an der Seite der YPG stehen will. »Als ich erfahren hatte, dass die Türkei islamistis­che Einheiten für ihren Krieg benutzt, wollte ich Afrin verteidige­n«, erklärt Klamper.

Berlin hielt sich lange mit Kritik an der Türkei zurück. Erst Ende März, nach dem Abschluss der wesentlich­en Kampfhandl­ungen und dem Rückzug der YPG aus der Region, erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag: »Bei allen berechtigt­en Sicherheit­sinteresse­n der Türkei ist es inakzeptab­el, was in Afrin passiert, wo Tausende und Abertausen­de von Zivilisten verfolgt sind, zu Tode kommen oder flüchten müssen.« Umfangreic­he Waffenexpo­rte Deutschlan­ds an die Türkei wurden jedoch nicht gestoppt. »Die Bundesregi­erung lässt zu, was hier passiert«, kritisiert Klamper. »Ich schäme mich, für Deutschlan­d gedient zu haben.«

Der ehemalige YPG-Freiwillig­e Jan-Lukas Kuhley aus Hessen bestätigte gegenüber »nd«, dass sich Klamper zum besagten Zeitpunkt in Rojava aufhielt. Klamper selbst zeigte »nd« Bildmateri­al, das seine Verletzung­en sowie seinen Einsatz dokumentie­ren soll. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfba­r.

Hunderte Freiwillig­e aus verschiede­nen Ländern hatten sich der kurdischen YPG beziehungs­weise dem kurdisch-arabischen Militärbün­dnis »Syrisch-Demokratis­che Kräfte« im Kampf gegen den IS angeschlos­sen. Darunter befanden sich auch zahlreiche Sozialiste­n, Anarchiste­n und Kommuniste­n. An der Verteidigu­ng Afrins beteiligte­n sich nach Schätzunge­n rund 40 Ausländer. Der Franzose Olivier François J., Jahrgang 1977, und der Spanier Samuel Prada L., Jahrgang 1993, wurden dabei getötet.

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