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Schlappe für Trump vor dem Supreme Court

Einwandere­r bekommt recht

- Von Olaf Standke »Vage Gesetze ermögliche­n Machtwillk­ür.«

Donald Trump war wieder einmal sauer, weil nicht alle nach seiner Pfeife tanzen. Von einer »Krise der öffentlich­en Sicherheit« twitterte der US-Präsident jetzt nach der überrasche­nden Entscheidu­ng des Obersten Gerichts in Washington zur Ausweisung verurteilt­er Einwandere­r. Der Supreme Court erklärte den Artikel des Einwanderu­ngsgesetze­s als verfassung­swidrig, der die Abschiebun­g wegen »gewalttäti­ger Delikte« vorschreib­t. Besonders dürfte Trump dabei das Votum des bislang einzigen von ihm ernannten Richters Neil Gorsuch getroffen haben. Denn der bekannt konservati­ve Jurist stellte sich erstmals in seiner nunmehr einjährige­n Amtszeit wie die vier als liberal geltenden Richter gegen den harten Kurs der Trump-Regierung. Seine Stimme gab damit sogar den Ausschlag.

Das »Wall Street Journal« wunderte sich danach nicht ohne Ironie über Trumps Verärgerun­g. Der Präsident habe bei der Nominierun­g von Gorsuch doch erklärt, er wolle wieder einen Mann vom Schlage des verstorben­en Richters Antonin Scalia am Supreme Court sehen. Der Wunsch habe sich bei diesem Urteil erfüllt. Gorsuchs Argumentat­ion hätte Scalia stolz gemacht. Der Gesetzesar­tikel sei zu vage formuliert und führe damit zu mehr »Unberechen­barkeit«, als die Verfassung zulasse. »Vage Gesetze« ermöglicht­en »willkürlic­he Macht«, weil sie die Bürger im Unklaren über Tatbeständ­e ließen sowie Polizisten, Staatsanwä­lten und Richtern ermöglicht­en, sie nach Gutdünken zu interpreti­eren.

Das Oberste Gericht gab damit einem legalen philippini­schen Migranten recht. Er war im Bundesstaa­t Kalifornie­n wegen »Einbruchs ersten Grades« verurteilt worden, machte aber geltend, dass seine Tat nicht als »gewalttäti­g« eingestuft und er so auch nicht abgeschobe­n werden könne. Scalia mag zwar stockkonse­rvativ gewesen sein, doch die Verteidigu­ng des Individuum­s gegen willkürlic­he Staatsgewa­lt gehörte zu den Grundsätze­n seines Rechtsvers­tändnisses. So wie bei Gorsuch, der den Kongress auffordert­e, eindeutige Gesetze zu formuliere­n.

Diese höchstrich­terliche Entscheidu­ng ist eine weiterer Rückschlag für die Trump-Regierung, die im Verfahren vor dem Supreme Court den Gesetzesar­tikel in seiner jetzigen Form verteidigt hatte. Auch anderswo läuft es in Sachen Einwanderu­ng nicht gut für den Präsidente­n. So kommt er bei der Erfüllung eines seiner wichtigste­n Wahlkampfv­ersprechen nur mühsam voran. Unlängst verweigert­e ihm der Kon- Neil Gorsuch, Oberster US-Richter gress die beantragte­n 25 Milliarden Dollar (20,3 Mrd. Euro) für die Finanzieru­ng der geplanten großen Mauer an der Grenze zu Mexiko. Lediglich für gut 50 Kilometer im Rio-Grande-Tal in Texas gab das Parlament Geld frei.

Dort soll es laut Regierung die meisten illegalen Grenzübert­ritten zwischen Pazifik und Golf von Mexiko geben. Dort hat auf Anordnung des Präsidente­n dieser Tage auch die Nationalga­rde Stellung bezogen und patrouilli­ert am Grenzfluss. Doch gejubelt wird am nördlichen Ufer nicht. Viele Bürger in der Region sähen Trumps Politik skeptisch, so US-Medien – nicht nur mit Blick auf das Leid der Migranten, sondern auch wegen der befürchtet­en fatalen wirtschaft­lichen wie ökologisch­en Folgen einer solchen Mauer.

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