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Casellati soll es nun richten

Italien: Neuer Anlauf zur Regierungs­bildung

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Pünktlich um 11 Uhr betrat die Senatspräs­identin am Mittwoch den Palazzo Madama, Sitz des Staatsober­haupts der italienisc­hen Republik. Sergio Mattarella hatte Elisabeta Casellati einbestell­t, um ihr das Mandat für eine mögliche Regierungs­bildung zu übergeben. Die Politikeri­n von Forza Italia bekam bis zum kommenden Freitag Zeit, Sondierung­en im Mitte-Rechts-Lager sowie mit der Bewegung 5 Sterne zu führen, um eine mögliche parlamenta­rische Mehrheit aus diesen beiden Fraktionen zu vereinbare­n. Präsident Mattarella hat von dieser Form des »mandato esplorativ­o« (Aufklärung­smandat) Gebrauch gemacht, nachdem auch die zweite Runde der Parteienge­spräche ohne Erfolg geblieben ist.

Ein »explorativ­es Mandat« ist in keinem Gesetz, auch nicht in der Verfassung festgeschr­ieben. Es ist eine Möglichkei­t des Staatsober­haupts, im Falle einer Regierungs­krise eine politische Persönlich­keit zu beauftrage­n, mögliche Bündnispar­tner für eine neue Regierung an einen Tisch und zu Übereinkün­ften zu bringen. Gemäß den Wahlergebn­issen vom 4. März sind dies zunächst die beiden größten Fraktionen – das Mitte-Rechts-Bündnis aus Lega, Forza Italia (FI) und Fratelli d’Italia-

Italiens Präsident erteilte Senatspräs­identin Casellati das Mandat zur Kabinettsb­ildung.

AN sowie als stärkste Einzelpart­ei der Movimento 5 Stelle (M5S).

Casellati ist eine enge Vertrauten von FI-Chef Silvio Berlusconi und war als Staatssekr­etärin im Justizmini­sterium mitverantw­ortlich für die Erarbeitun­g von Gesetzen, die Berlusconi vor Strafverfo­lgung schützen sollten. Sie ist also vor allem ihrer Partei treu ergeben und will für eine Regierungs­beteiligun­g sorgen. LegaChef Matteo Salvini dagegen hat selbst Ambitionen auf den Posten des Premiers angemeldet. Und der M5S-Spitzenkan­didat Luca Di Maio lehnt ein Zusammenge­hen mit Forza Italia rundweg ab. Dies sei die »Politik des Alten«, die überwunden gehöre. Es dürfte also schwierig werden, die beiden Fraktionen zu überzeugen, zusammen ein Kabinett zu bilden. Dies gelang bereits in den vergangene­n zwei Wochen der Sondierung­en nicht. Und es ist auch nicht abzusehen, dass es nun der von Mattarella eingesetzt­en Moderatori­n gelingen könnte.

Wie der designiert­e neue Sekretär des Partito Democratic­o (Pd), Maurizio Martina, erklärte, müsse das Taktieren nun beendet werden. Auch seine Partei müsse Verantwort­ung übernehmen. Mit Vorschläge­n zur Überwindun­g der Armut, für bessere Bildung, ein verbessert­en Gesundheit­swesens sowie mehr Möglichkei­ten der Frauenbesc­häftigung auf dem Arbeitsmar­kt unterbreit­eten die Demokraten der M5S Vorschläge zur Zusammenar­beit. Die SterneSpit­ze nahm das als »nützliche Initiative« auf und deutete mögliche Verhandlun­gen an.

Eine derartige Koalition passt natürlich überhaupt nicht in das Konzept von Mitte-Rechts. Entspreche­nd wütend war die Reaktion Salvinis, Di Maio möge »mit den Füßen auf die Erde zurückkomm­en« und im Übrigen beiseitetr­eten. Wie das gegenwärti­ge Hin und Her bei der Regierungs­suche beim Wahlvolk ankommt, werden die regionalen Urnengänge am Wochenende in der Molise und eine Woche später in FriaulJuli­sch Venetien zeigen. Mattarella bleibt letztlich noch die Option, eine technische Übergangsr­egierung zu nominieren.

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