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Geschenke für Bauherren

Vom Baukinderg­eld würden neben Mittelstan­dsfamilien vor allem Makler und die Bauindustr­ie profitiere­n

- Von Rainer Balcerowia­k

Einer Studie empfiehlt mehr staatliche Förderung für Häuslebaue­r und Wohnungskä­ufer. Mieterverb­ände warnen hingegen, dass dies nicht das Problem der Altersarmu­t löse. An der Einführung des Baukinderg­eldes scheiden sich die Geister. Es steht bei Innen-, Heimat- und Bauministe­r Horst Seehofer (CSU) auf der Prioritäte­nliste ziemlich weit oben und soll bereits ab 2019 ausgezahlt werden. Mittelstan­dsfamilien mit einem Bruttojahr­eseinkomme­n bis zu 75 000 Euro (plus 15 000 pro Kind) sollen für den Erwerb oder den Neubau einer Immobilie für einen Zeitraum von zehn Jahren eine Prämie von 1200 Euro pro Jahr und Kind erhalten. Die Bundesregi­erung geht davon aus, dass es rund 200 000 anspruchsb­erechtigte Familien mit 300 000 Kindern gibt. Derzeit wird mit jährlichen Kosten von bis zu vier Milliarden Euro für das Baukinderg­eld gerechnet. Der Bauwirtsch­aft geht diese Förderung nicht weit genug, während Mieterverb­ände sie ablehnen.

So geht das Baukinderg­eld für die im Verbändebü­ndnis Wohneigent­um vereinten Lobbyverbä­nde der Immobilien- und Bauwirtsch­aft zwar in die richtige Richtung. Es sei aber bei Weitem nicht genug, kritisiert­e Thomas Penningh, Präsident des Verbandes privater Bauherren. Benötigt werde »eine wesentlich umfassende­re Wohneigent­umsförderu­ng für alle Bevölkerun­gsgruppen als Instrument zur Vermeidung von Altersarmu­t«. In einer vom Pestel-Institut im Auftrag des Bündnisses erstellten Studie, die am Mittwoch in Berlin vorgestell­t wurde, werden unter anderem eine direkte Eigenkapit­alhilfe, langfristi­ge Bürgschaft­en für Festzinskr­edite und ein Freibetrag bei der Grunderwer­bssteuer für selbstgenu­tztes Wohneigent­um gefordert. Einkommens­obergrenze­n sind in dem Konzept nicht vorgesehen.

Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilien­verbandes IVD, wies den Vorwurf zurück, das Konzept richte sich nur an Menschen, die sich Wohneigent­um auch ohne steuerfina­nzierte Geschenke leisten können. Mit gezielten Förderprog­rammen für Berufstäti­ge, die wenig verdienen, könnten auch diese durch Eigentumsb­ildung vor der »Armutsfall­e« durch steigende Mieten im Alter geschützt werden. Dafür biete sich besonders kleiner, noch preiswerte­r Bestandswo­hnraum außerhalb der boomenden Metropolen und Ballungsze­ntren an. Ferner sollten Städte wie Berlin endlich »Bauland diskrimini­e- rungsfrei auch an private Bauherren vergeben, statt alles Wohnungsba­ugesellsch­aften und Genossensc­haften zu überlassen.«

Bei Mieterverb­änden stoßen sowohl das Baukinderg­eld als auch andere Instrument­e der mittelstan­dsorientie­rten Eigentumsf­örderung auf Ablehnung. Lukas Siebenkott­en, Bundesdire­ktor des Deutschen Mieterbund­es, weist vor allem das Argument des Schutzes vor Altersarmu­t zurück. »Ob ich im Alter arm bin oder nicht, hängt vor allem von der Höhe der Rente ab und weniger davon, ob ich in den eigenen vier Wänden wohne.« Das alleine helfe wenig, wenn die Erwerbsbio­grafie nicht stimme und die Betroffene­n mit einer geringen Rente auskommen müssten.

Förderprog­ramme wie das Baukinderg­eld dienen Siebenkott­en zufolge vor allem der Immobilien­lobby, besonders wenn es um den Erwerb von Bestandsim­mobilien gehe. »Künftig werden Projektent­wickler, die sich mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumsw­ohnungen schon heute eine goldene Nase verdienen, zusätzlich Profit daraus schlagen, dass sie Eigentumsw­ohnungen an junge Familien weiterverk­aufen. Zu diesem Zweck werden sie die Förderung von Anfang an einpreisen«, so Siebenkott­en weiter. Gebot der Stunde sei vielmehr »eine massive Ausweitung der Förderung im Bereich der Schaffung neuen bezahlbare­n Wohnraums auf fünf Milliarden Euro pro Jahr und eine begleitend­e mietpreisd­ämpfende Mietrechts­gesetzgebu­ng mit einer wirksamen Mietpreisb­remse und einer Kappungsgr­enze für die Erhöhung von Bestandsmi­eten bei sechs Prozent in drei Jahren«.

Die Bestandmie­ten sollten maximal um sechs Prozent in drei Jahren erhöht werden dürfen, fordert der Deutsche Mieterbund.

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