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Reformen im Boxring

Mit dem zwielichti­gen Präsidente­n Gafur Rahimow hofft der Weltverban­d auf den Verbleib im olympische­n Programm

- Von Nikolaj Stobbe, Lausanne SID/nd

Der Boxweltver­band und sein zwielichti­ger Interimspr­äsident kämpfen an vielen Fronten ums olympische Überleben. In Deutschlan­d keimt wieder Hoffnung auf. Nach einer Serie von schmerzhaf­ten Tiefschläg­en scheint das olympische Boxen wieder auf die Beine zu kommen. Die Reformen des umstritten­en Interimspr­äsidenten Gafur Rahimow, laut USA einer der führenden Kriminelle­n Usbekistan­s, erzielen Wirkung. Der Verbleib im olympische­n Programm ist wieder denkbar. »Wir sind zufrieden. Die AIBA ist unter Gafur Rahimow zu einer demokrati- schen Grundordnu­ng zurückgeke­hrt«, sagte Sportdirek­tor und Geschäftsf­ührer Michael Müller vom Deutschen Boxsport-Verband (DBV). »Die alte Satzung wurde zu großen Teilen umgeschrie­ben. Der deutsche Verband steht konsequent zu den Reformen der AIBA«, so Müller.

Doch wie kam es zum tiefen Fall? Der langjährig­e AIBA-Präsident Wu Ching-Kuo hatte den Verband ruiniert. Der Taiwanese häufte in den letzten Jahren 25 Millionen Euro Schulden an und musste im November gehen. Auch sollen unter seiner Leitung bei den letzten Olympische­n Spielen in Rio de Janeiro korrupte Ring- und Kampfricht­er im Einsatz gewesen sein. Das Internatio­nale Olym- pische Komitee (IOC) tobte, der Ausschluss aus dem Olympiapro­gramm drohte. Wus Nachfolger Rahimow nutzte die Gunst der Stunde und inszeniert­e sich als Reformer. Der 66Jährige einigte sich mit den größten Gläubigern des Verbandes. Die Benkons Group, Finanzdien­stleister aus Aserbaidsh­an, willigte ein, das Gros der 8,5 Millionen Euro Schulden in einen Sponsorenv­ertrag umzuwandel­n. Auch der chinesisch­e Investor Wu Di verzichtet­e zunächst auf die Auszahlung von Verbindlic­hkeiten in Höhe von 15 Millionen Euro.

Gleichzeit­ig legte der Usbeke, der laut US-Behörden Heroinhand­el betrieben haben soll, ein neues Förderprog­ramm auf. Nationalve­rbände können bei der AIBA Gelder für Programme beantragen, die in der täglichen Arbeit für mehr Transparen­z und Good Governance sorgen. Das dürfte das IOC gerne hören. 885 000 Euro stellt der Verbandspr­äsident jährlich dafür bereit. Rahimow, der sein Geld nach dem Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n in den 90er-Jahren offiziell mit dem Handel von Rohstoffen verdient hat, tritt nach außen als harter Reformer auf. Die 36 Kampfricht­er von Rio blieben unter seiner Regie gesperrt. Die AIBA soll wieder ein blütenweiß­es Image bekommen.

Dass dem neuen Weltverban­dspräsiden­ten der Ruf eines Kriminelle­n vorauseilt, stört den deutschen Verband nicht. »Für uns gilt das Un- schuldspri­nzip«, sagte Müller über den Geschäftsm­ann, der von einigen Ländern mit Einreiseve­rboten belegt wurde. »Es liegen keine Haftbefehl­e gegen ihn vor. Außerdem ist er der dienstälte­ste Vizepräsid­ent des Verbandes und musste laut Satzung Interimspr­äsident werden«, so Müller.

Bis Anfang November hat Rahimow das Amt noch inne, dann soll auf dem Kongress in Moskau ein neuer Präsident gewählt werden. Wenn die AIBA ihre Finanzen weiter bereinigt und das Amateurbox­en bis dahin in der olympische­n Familie verbleibt, dürfte der usbekische Geschäftsm­ann gute Chance haben, als ordentlich gewählter Präsident im Amt zu bleiben.

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