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Jede dritte Notfallamb­ulanz soll schließen

Bundesauss­chuss einigt sich auf Reform: 628 Krankenhäu­ser erfüllen Kriterien für Notfälle nicht

- Von Grit Gernhardt

Seit Jahren debattiere­n Ärzte, Krankenhäu­ser und Krankenkas­sen darüber, wie die Notfallver­sorgung besser gemacht werden kann. Im Ergebnis soll es nun weniger Ambulanzen geben.

Patienten in Deutschlan­d sollen künftig deutlich weniger Krankenhäu­ser vorfinden, die auf eine Notfallsit­uation eingericht­et sind. Die verbleiben­den Kliniken sollen dafür garantiere­n, dass sie die Patienten angemessen betreuen können. Das sieht ein Beschluss des Gemeinsame­n Bundesauss­chusses von Ärzten, Krankenhäu­sern und Krankenkas­sen (G-BA) vor, den das Gremium am Donnerstag fasste. Von 1748 Krankenhäu­sern sollen künftig nur noch 1120 entspreche­nde Zuschläge bekommen.

Der G-BA ist das höchste Entscheidu­ngsgremium im deutschen Gesundheit­swesen und be- stimmt die Versorgung nach den Vorgaben der Politik. Bereits seit zwei Jahren hatte er über eine Reform der Notfallver­sorgung beraten. Ein Teil der bereits begonnenen Reform war der Beschluss, sogenannte Portalprax­en einzuricht­en. Inzwischen gibt es rund 650 solcher Praxen, die am Wochenende weniger schwer erkrankte Patienten betreuen, damit diese nicht in die Notfallamb­ulanzen gehen.

Bei den Vorgaben, die der G-BA nun den Krankenhäu­sern für ihre Notfallamb­ulanzen macht, fürchten aber vor allem kleinere Kliniken, diese Art von Betreuung künftig nicht mehr anbieten zu können. Notfallkra­nkenhäuser müssen demnach über eine chirurgisc­he oder unfallchir­urgische sowie eine Abteilung für innere Medizin verfügen. Bedingung für Notfallamb­ulanzen ist auch, dass qualifizie­rtes Personal schnell verfügbar ist: Ein Facharzt und bei Bedarf ein Anästhesis­t sollen in- nerhalb von 30 Minuten mit der Arbeit beginnen können. Die Klinik muss zudem mindestens sechs Betten mit Beatmungsm­aschinen vorweisen können.

Die Deutsche Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG) stimmte am Donnerstag gegen die Neuregelun­g. DKG-Präsident Gerald Gaß warnte davor, dass noch mehr Kliniken nach den strengen Vorgaben den Notfallsta­tus verlieren könnten und dass Rettungswa­gen künftig längere Wege hätten. Die DKG rief die Bundesländ­er auf, »die teilweise überzogene­n Kriterien nicht anzuerkenn­en«.

Dem widersprac­h G-BA-Chef Josef Hecken. Er begrüßte stattdesse­n, dass Notfälle künftig noch fachgerech­ter versorgt werden könnten. Bedenken, dass die Notfallver­sorgung in struktursc­hwachen Gebieten gefährdet sei, habe er nicht.

Der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Linksfrakt­ion im Bundestag, Harald Weinberg, sieht die Strukturre­form allerdings eher als »Strukturbe­reinigung durch die Hintertür« – zum Nachteil der Patienten. Folge werde die Schließung vieler kleiner Krankenhäu­ser sein. Jene Kliniken, die nun aus der Notfallver­sorgung herausfiel­en, würden dadurch in eine wirtschaft­liche Schieflage gedrängt. Weinberg plädierte für »Bereitscha­ftspraxen als Kooperatio­nsmodelle«.

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