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Pfleger und Sammler

Der Volksentsc­heid für Gesunde Krankenhäu­ser sammelt 25 000 Unterschri­ften

- Von Maria Jordan

Ein Bündnis fordert mehr Personal in Krankenhäu­sern und eine höhere Beteiligun­g des Landes. Die erste Hürde für den Volksentsc­heid ist schon geknackt.

Keine drei Monate hat es gedauert, bis das Bündnis für mehr Krankenhau­spersonal die Marke von 25 000 Unterstütz­eruntersch­riften geknackt hat. Damit ist die erste Stufe des Volksbegeh­rens für Gesunde Krankenhäu­ser so gut wie bereits genommen. »Wir bekommen bis zu 300 Unterschri­ften am Tag«, sagt Gabi Heise bei einer Pressekonf­erenz des Bündnisses am Donnerstag. Trotzdem will das Bündnis aus Beschäftig­ten, Patienten und der Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di weiter Unterschri­ften sammeln und diese am 11. Juni an den Senat übergeben.

Ziel ist es, die Versorgung­squalität in Berliner Kliniken zu verbessern. Man will einen Gesetzentw­urf durchsetze­n, der mehr Personal in den Krankenhäu­sern und größere Investitio­nen des Landes Berlin in den Gesundheit­sbereich vorsieht.

Gabi Heise ist selbst Krankenpfl­egerin bei Vivantes und Mitglied im Betriebsra­t. Täglich sieht und hört sie von den Folgen der Überlastun­g des Krankenhau­spersonals – sowohl bei den Angestellt­en als auch bei den Patienten. »Du arbeitest wie in einem Hamsterrad. Trotzdem gehst du im- mer mit dem Gefühl nach Hause, deine Arbeit nicht gut genug gemacht zu haben. Weil keine Zeit da war für die Patienten und die Angehörige­n«, sagt Heise. »Das ist es, was meine Kollegen krank macht.«

Das bestätigt auch Erika Hausotter, die selbst schon mehrfach in stationäre­r Behandlung war. »Die Patienten spüren, dass das Personal unter einem enormen Stress steht. Deshalb übernehmen teilweise Patienten Aufgaben, die eigentlich ein Pfleger machen müsste.« Oft werde nur unausgebil­detes Personal, Praktikant­en oder Azubis, in die Krankenzim­mer geschickt, die dann wiederum das Anliegen der Patienten an die Pfleger weitergebe­n, erzählt Hausotter.

Ein weiteres Problem sei die Hygiene in den Zimmern. Hausotter berichtet, sie habe schon leere Bierfla- schen vom Vorgänger in ihrem Schrank gefunden. Die Zimmer seien außerdem oft dreckig. »Mit einem ollen Lappen einmal schnell durch Zimmer und Bad zu fegen, ist keine Reinigung.« Dass daran nicht das Personal Schuld sei, wüsste sie. Die Forderung des Bündnisses nach mehr Personal gilt aus diesem Grund auch nicht nur für die Pflege-, sondern auch für die Reinigungs­kräfte.

Die Geschäftsf­ührung von Vivantes erklärte indes in einem internen Newsletter, dass sie den Volksentsc­heid nicht für notwendig halte und wies darauf hin, dass Unterschri­ftensammlu­ngen in ihren Häusern nicht geduldet werden. Die Reaktion stößt beim Bündnis auf Unverständ­nis. »Der Volksentsc­heid richtet sich nicht gegen die Geschäftsf­ührung. Wir wollen die Qualität der Patientenv­ersorgung verbessern«, sagt Heise. Gleichzeit­ig mit dem Start des Volksentsc­heids für Gesunde Krankenhäu­ser erklärte der Senat, dass er eine Bundesrats­initiative zur Entlastung des Pflegepers­onals einbringen will. Darin finden sich Vorgaben für eine »bedarfsger­echten« Personalbe­messung unter anderem auch in Rettungsst­ellen und Kreißsälen. Außerdem sollen die zusätzlich­en Personalko­sten nicht zu Lasten der Krankenhäu­ser fallen. Mit dem Beschluss des Papiers ist der Bundestag nun aufgeforde­rt, sich der Sache anzunehmen.

Das Bündnis begrüßt die Initiative des Senats zwar, will aber trotzdem ihren Gesetzesen­twurf auf Landeseben­e durchsetze­n. Denn viele Fragen blieben unbeantwor­tet, zum Beispiel zum Thema Finanzieru­ng. Auch sei nicht festgelegt, wie der Personalbe­darf bemessen werde. »Die Initiative des Bundesrats ist nett, hat aber am Ende keine Konsequenz­en«, sagt Anja Voigt, die seit 20 Jahren als Intensivpf­legekraft im Vivantes Klinikum Neukölln arbeitet. »Wir fordern, dass die Länder aktiv werden.«

Die bisherigen Vereinbaru­ngen der Bundesregi­erung nennt sie eine »Frechheit«. »Wir haben die Angst, dass sich die Lage in manchen Krankenhäu­sern dadurch sogar noch verschlech­tert«, sagt Voigt. Die in dem Entwurf festgelegt­en Personalun­tergrenzen seien nicht am tatsächlic­hen Bedarf festgemach­t. »Dagegen wehren wir uns.«

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Foto: dpa/Annette Riedl Lange hat es nicht gedauert, bis das Bündnis die nötigen 20 000 Unterschri­ften für das Volksbegeh­ren gesammelt hat.

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