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Tatverdäch­tiger stellt sich nach antisemiti­schen Angriff

Mutmaßlich­em Täter droht Untersuchu­ngshaft / Attackiert­er Israeli trug Kippa, um Judenhass zu entlarven

- Von Jérôme Lombard

Der Angriff auf zwei Männer, die beide eine Kippa trugen, hat für Entsetzen gesorgt. Am Donnerstag stellte sich der Tatverdäch­tige der Polizei. Die beiden Opfer trugen die Kippa als Experiment.

Nach der brutalen Attacke auf einen Israeli am Dienstag in Prenzlauer Berg hat sich der Tatverdäch­tige der Polizei gestellt. Wie zunächst die »BZ« berichtete, kam der Mann am Donnerstag­nachmittag im Beisein seiner Anwältin zum Landeskrim­inalamt (LKA). Es soll sich um den 19-Jährigen Knaan S. handeln. Er soll syrischer Staatsbürg­er sein.

Wegen des antisemiti­schen Charakters des Übergriffs ermittelt der Staatsschu­tz. Der Angreifer muss mit einer Anklage wegen Körperverl­et- zung, Beleidigun­g und Volksverhe­tzung rechnen.

Unterdesse­n hat der attackiert­e Israeli in einem Fernsehint­erview mit der »Deutschen Welle« (DW) erklärt, nicht jüdischen Glaubens zu sein. »Ich bin nicht jüdisch, ich bin Israeli«, sagte der 21-jährige Adam Armoush am Mittwoch der »DW«. Er sei in Haifa im Norden Israels in einer arabisch-christlich­en Familie aufgewachs­en und verstehe sich selbst als Atheist. In Berlin lebe er erst seit einem Monat. Er studiere hier Tiermedizi­n, hieß es.

Gemeinsam mit einem 24-jährigen deutschen Bekannten war Armoush am Dienstag am Helmholtzp­latz unterwegs gewesen. Die beiden jungen Männer trugen eine Kippa, um einem israelisch­en Freund zu beweisen, dass man sich in Berlin ohne Sicherheit­sbedenken offen als Jude zu erkennen geben könnte. Die drei Angreifer hatten Armoush und seinen Begleiter aufgrund der traditione­llen jüdischen Kopfbedeck­ung als Juden wahrgenomm­en und antisemiti­sch beschimpft. Der mutmaßlich­e Täter soll Armoush mehrfach mit einem Gürtel geschlagen haben. Dabei wiederholt­e er das Wort »Jehudi«, was im Arabischen »Jude« bedeutet. Als eines der Opfer die Gruppe verfolgen wollte, soll er mit einer Glasflasch­e beworfen worden sein, die ihn verfehlte. Armoush filmte die Prügelatta­cke und stellte ein Video davon ins Internet. Dem israelisch­en Fernsehen sagte Armoush: »Mir war sofort klar, dass es wichtig ist, das zu filmen.« Er wollte einen Beweis für die Polizei haben und »dass die Deutschen sehen, ja im Grunde, dass die Welt sieht, wie schrecklic­h es ist, in diesen Tagen als Jude durch Berlins Straßen zu laufen«.

Sergey Lagodinsky, Repräsenta­nt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, hat den Attackiert­en am Mittwoch zum Gespräch getroffen. »Adam Armoush wurde geschlagen, weil er eine Kippa trug. Es ist dabei völlig un- erheblich, woran er glaubt oder nicht glaubt und welche Nationalit­ät er hat«, sagt Lagodinsky dem »nd«. Die Debatte über die Religionsz­ugehörigke­it des Attackiert­en mache ihn sprachlos. »Niemand darf beschimpft und attackiert werden, nur weil er jüdisch aussieht oder von seiner Umwelt als Jude wahrgenomm­en wird.« Zusammen mit dem Opfer habe der Angreifer auf die Demokratie eingeprüge­lt. »Wir müssen herausfind­en, welches kulturelle Umfeld den Angreifer zu dieser widerliche­n antisemiti­schen Tat gebracht hat«, fordert Lagodinsky.

Der Übergriff hat bundesweit und internatio­nal für Empörung gesorgt. Der Präsident des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d, Josef Schuster, sprach in dem Zusammenha­ng von einem »Bedrohungs­potenzial« in Großstädte­n.

»Wir müssen herausfind­en, welches kulturelle Umfeld den Angreifer zu dieser widerliche­n antisemiti­schen Tat gebracht hat.« Sergey Lagodinsky, Jüdische Gemeinde

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