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Gekochte Korallen

Hitzewelle zerstörte Teile von Australien­s Great Barrier Reef

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Der Klimawande­l macht auch die Meere wärmer. Eine neue Studie zeigt, wie Korallen des Great Barrier Reefs bei der Hitzewelle 2016 mehr oder weniger »gekocht« wurden.

Lebende Korallen sind farbenfroh­e Gebilde, ein bunter Irrgarten, der unzähligen Fischarten und anderen Meerestier­en Zuflucht gibt. Bleichen die Nesseltier­e jedoch, so werden sie zu geisterhaf­ten, brüchigen Skeletten, die der nächste Sturm in Kleinteile zermalmt.

Solch eine Bleiche hat das Great Barrier Reef nun zwei Jahre in Folge getroffen. Besonders schlimm war das Jahr 2016. Eine Studie, die australisc­he Wissenscha­ftler im Fachmagazi­n »Nature« veröffentl­ichten, zeigt, dass von den 3863 Riffen, die das Great Barrier Reef an der Nordostküs­te Australien­s bilden, 29 Prozent betroffen waren. Diese betroffene­n Riffe verloren mindestens zwei Drittel ihrer Korallen, in einigen Fällen starben sogar bis zu 90 Prozent der Tiere ab. Ein Autor der Studie sagte in Medieninte­rviews, die Korallen seien geradezu »gekocht« worden. Manche seien sehr schnell gestorben.

Im Falle einer Bleiche verfärben sich die Korallen weiß, da ihre Sym- biose mit einer Algenart, die die Nesseltier­e mit Energie versorgt und ihnen die bunten Farben verleiht, unterbroch­en wird. »Wenn Korallen von einer Hitzewelle bleichen, können sie entweder überleben und ihre Farbe langsam zurückgewi­nnen, wenn die Temperatur sinkt, oder sie können sterben«, sagt Terry Hughes, ein Meeresbiol­oge und Korallenfo­rscher an der James-Cook-Universitä­t in Townsville. »Auf das gesamte Great Barrier Reef gerechnet, haben wir in den neun Monaten zwischen März und November 2016 30 Prozent der Korallen verloren.«

Bei ihren Studien kartierten die Wissenscha­ftler das geografisc­he Wärmemuste­r mit Hilfe von Satelliten­daten und verglichen dies mit dem Überleben der Korallen entlang des Riffes, das sich über 2300 Kilometer im Nordosten Australien­s erstreckt. Das Ausmaß des Korallenst­erbens war dabei eng mit dem Ausmaß der Hitzeeinwi­rkung verbunden.

Besonders hart traf es 2016 das nördliche Drittel des Great Barrier Reefs, eine Region, die 50 bis 100 Jahre alte Korallen beherbergt­e. Die Region galt bis dahin als relativ naturbelas­sen. Das Korallenst­erben habe auch die Mischung an Korallenar­ten radikal verändert, sagt Andrew Baird, der ebenfalls an der Studie mitwirkte. »Reife und diversifiz­ierte Riffgemein­schaften wurden in stärker degradiert­e Systeme umgewandel­t, in denen nur ein paar ausdauernd­e Arten übrig blieben«, sagt der Forscher.

In der Hitzewelle 2016 starben viele Tafel- und Hirschhorn­korallen, die einen wesentlich­en Teil der Riffstrukt­ur ausmachen. Tafelkoral­len bieten vor allem Schutz für kleinere Riffbewohn­er. Die Riffe gelten als eine Art »Kindergart­en« für den Fischnachw­uchs, in dem er ungestört groß werden kann. Derzeit sind etwa 1500 Fischspezi­es zwischen den 400 Korallenty­pen zu Hause – Fische, die im ausgewachs­enen Zustand auch eine wichtige Nahrungsqu­elle für den Menschen sind.

Der derzeitige Schaden ist ein Vorbote dessen, was der Klimawande­l künftig für die tropischen Riff-Ökosysteme der Erde bereithalt­en wird. »Wenn es uns nicht gelingt, den Klimawande­l zu bremsen und die glo- balen Temperatur­en weit über zwei Grad Celsius steigen, so werden wir die Vorteile verlieren, die Riffe für Hunderte Millionen Menschen bieten«, wird Hughes in »Nature« zitiert.

Auch für das Great Barrier Reef ist der Klimawande­l die größte Bedrohung. Bereits im April 2016 zeigte eine weitere Studie führender australisc­her Klima- und Riff-Experten, dass Korallenbl­eichen am Riff durch den Klimawande­l 175-mal wahrschein­licher geworden sind. Sollten die Treibhausg­ase in der Atmosphäre weiter ansteigen, gehen negative Prognosen bis 2030 von Bleichen alle zwei Jahre aus.

Derzeit sind etwa 1500 Fischspezi­es zwischen den 400 Korallenty­pen zu Hause – Fische, die im ausgewachs­enen Zustand auch eine wichtige Nahrungsqu­elle für den Menschen sind.

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Foto: dpa/NASA Das Handout der NASA zeigt das Great Barrier Reef, fotografie­rt von der ISS aus.
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Foto: dpa/ARC Centre of Excellence for Coral Reef Studies/Mia Hoogenboom Korallen, von denen einige durch Wärme beschädigt oder abgestorbe­n sind, werden von Forschern mit einem Maßband vermessen.

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