nd.DerTag

Russland und NATO in Baku im Dialog

Kommunikat­ionskanal der Militärs soll offen bleiben

- Von Olaf Standke

Vor wenigen Tagen erst hatte die französisc­he Zeitschrif­t »Challenges« berichtet, dass die russische Frachtflug­gesellscha­ft VolgaDnepr bis zum Jahresende die Bereitstel­lung von Maschinen des Typs AN-124 Ruslan für Transporte der NATO einstellen werde. Seit 2006 stehen zehn Mitgliedst­aaten im Rahmen des SALISVertr­ages (Strategic Airlift Interim Solution) über das Unternehme­n Ruslan SALIS GmbH geleaste Großraumfl­ugzeuge zur Verfügung – auch um die verspätete Lieferung des Airbus A400M zu kompensier­en. Für die französisc­hen Streitkräf­te sei die Ankündigun­g ein harter Schlag, betonte die Zeitschrif­t, sei man doch etwa beim Transport von Hubschraub­ern und Panzern vollständi­g von diesem »fliegenden Güterzug« (so die Bundeswehr auf ihrer Website) abhängig.

Auch dieser Schritt schien typisch für das gegenwärti­ge Klima zwischen Russland und Nordatlant­ik-Pakt zu sein, zumal in Moskau dabei dezidiert auf die jüngst ausgeweite­ten antirussis­chen Sanktionen des Westens verwiesen wurde. Gerade erst hat NATOGenera­lsekretär Jens Stoltenber­g dem ewigen Erzfeind zudem vorgeworfe­n, »immer unberechen­barer und immer aggressive­r« zu werden. Und dann setzen sich der russische Generalsta­bschef Waleri Gerassimow und der NATO-Oberbefehl­shaber, US-General Curtis Scaparrott­i, erstmals zum Gedankenau­stausch an einen Tisch.

Bei einem der seltenen Spitzentre­ffen zwischen der Allianz und Russland in der aserbaidsc­hanischen Hauptstadt Baku sollen die Militärs ungeachtet aller verbalen Schlachten, politisch-diplomatis­chen Feldzüge oder Luftschläg­e in Syrien und unter anderem über vertrauens­stärkende

»Es ging um vertrauens­bildende Maßnahmen und die Vermeidung von Zwischenfä­llen.«

Moskauer Mitteilung zum Treffen NATO-Russland

Maßnahmen und die Vermeidung von Zwischenfä­llen beraten haben. Oder vielleicht ja gerade deshalb. So sind sich beide Seiten nicht nur in Nahost, sondern etwa auch bei verstärkte­n Aufklärung­sflügen über Ostsee und Schwarzem Meer schon gefährlich nahe gekommen. Selbst »die Bedeutung einer Kooperatio­n im Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s« in Syrien sei in Baku betont worden, ließ das russische Verteidigu­ngsministe­rium am Donnerstag wissen.

Wie aus Brüssel zu hören war, habe das Treffen »eindeutig das beiderseit­ige Interesse« gezeigt, die »militärisc­hen Kommunikat­ionskanäle offen zu halten«. Man setze auf »Dialog und Transparen­z«. Der Nordatlant­ik-Pakt hat die Kontakte zu Moskau wegen des Ukraine-Konflikts seit 2014 auf ein Minimum reduziert. Der NATO-Russland-Rat, das wichtigste Forum für politische Gespräche, war bis 2016 sogar völlig kaltgestel­lt.

Ob man nun schon von einem ersten zarten Tauwetter sprechen kann, darf aber noch bezweifelt werden. Das im Herbst geplante Großmanöve­r der Allianz Trident Juncture jedenfalls wird nicht auf Eis gelegt. Bis zu 40 0000 Soldaten, darunter rund 8000 aus Deutschlan­d, etwa 130 Kampfflugz­euge und 60 Kriegsschi­ffe sollen in Norwegen in dem wahrschein­lich größten Manöver seit dem Ende des Ost-West-Konflikts letztlich den Krieg gegen Russland üben.

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