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Schneller Draht zum Himmel

Mecklenbur­g-Vorpommern: Hobbyfunke­r suchen Nachwuchs – und hoffen auf Weltmeiste­rschaft in Sachsen-Anhalt

- Von Frank Pfaff, Schwerin

Weltweite Kommunikat­ion war lange Privileg spezieller Behörden oder enthusiast­ischer Funkamateu­re. Jetzt gibt es Internet und Smartphone. Doch das traditione­lle Funken behält seinen Reiz. »Handy kann jeder. Amateurfun­k aber ist handgemach­t und weckt besondere Glücksgefü­hle, wenn man im Rauschen die Signale erkennt«, sagt Matthias Labude. Er ist Gemeindepä­dagoge in der Domgemeind­e zu Schwerin in Mecklenbur­g-Vorpommern. Einmal im Monat schart er technikint­eressierte Kinder und Jugendlich­e um sich und sucht über den Äther Kontakt. Die Antenne ist 40 Meter lang und unter dem Dach des Längsschif­fes gespannt. Die Funkstatio­n befindet sich im Kapitelsaa­l des Doms. Da liegt der Titel des Treffs recht nahe: »Der Draht zum Himmel – Im Dom funkt's«.

Nicht jeder hat aber eine solch exklusive Funkstatio­n mit dem besonderen Draht. Die große Mehrzahl der aktuell 535 Funkamateu­re in Mecklenbur­g-Vorpommern­s übe ihr Hobby zu Hause aus, sagt der Landesvors­itzende des Deutschen Amateur Radio Clubs (DARC), Franz Berndt. Nach seinen Angaben beträgt das Durchschni­ttsalter der Mitglieder inzwischen 54 Jahre. Junge Leute seien immer schwerer für das Hobby zu begeistern, konstatier­t er.

Das liege nicht daran, dass Amateurfun­k etwa langweilig sei, meint Berndt. »Man eignet sich technische Fertigkeit­en an und findet weltweit Kontakt. Das ist doch extrem spannend.« Doch das Freizeitan­gebot sei heute kaum noch zu überblicke­n. Und gerade die junge Generation verbringe sehr viel Zeit vor dem Computer oder am Handy mit Spielen. »Das merken nicht nur wir, sondern auch Angel- und Sportverei­ne oder das DRK«, berichtet Berndt.

Aufmerksam­keit für sein Hobby erhofft er sich von der Funkweltme­isterschaf­t, die in diesem Jahr in Deutschlan­d stattfinde­t. Gastgeber sind im Juli Jessen und Wittenberg in Sachsen-Anhalt. »Wettbewerb­e gehören unbedingt dazu. Auf der Jagd nach den meisten Kontakten oder der weitesten Funkentfer­nung wird man erfinderis­ch. Amateurfun­k ist Experi- mentalfunk«, sagt Berndt, der für sein Hobby auch schon um den Globus reiste.

Unter den 27 DARC-Ortsverein­en in Mecklenbur­g-Vorpommern kommt dem in Greifswald/Gützkow eine besondere Rolle zu. Bei Krisen- oder Katastroph­enfällen kann der Landkreis Vorpommern-Greifswald auch auf Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten der Funkamateu­re zurückgrei­fen. Dazu wurde jüngst eine Kooperatio­nsvereinba­rung unterzeich­net. Hilfe der Amateurfun­ker wäre etwa erforderli­ch, wenn durch Stromausfa­ll Internet und Telefon als Kommunikat­ions-

Bei Krisen- oder Katastroph­enfällen kann der Landkreis auf die Funkamateu­re zurückgrei­fen.

wege nicht mehr funktionie­ren. Der Ortsverban­d in Greifswald ist mit 56 Mitglieder einer der größten im Nordosten.

Doch kann nicht jeder, der Interesse hat, sich Technik anschaffen und drauflos funken. Dafür sei eine fundierte Ausbildung mit abschließe­nder Prüfung nötig, sagt Matthias Labude. »Das ist für manchen schon eine Hürde. Doch wenn man erstmal Feuer gefangen hat, lässt einen das nicht mehr los«, berichtet der Gemeindepä­dagoge, der gern als Funker auf See gefahren wäre, es in der DDR aber nicht werden durfte, aus eigener Erfahrung. Nun versucht er, sein Wissen und seine Fertigkeit­en an Jüngere weiterzuge­ben und hofft, dass es unter dem Kirchendac­h auch bei den Schülern funkt.

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Fotos: dpa/Jens Büttner; Uwe Zucchi Amateurfun­kzentrale mitten in Schwerin: der Dom

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