nd.DerTag

Mehr CO2 oder mehr Stickoxid?

Kurt Stenger über das Versagen der Autokonzer­ne beim Klimaschut­z

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Die deutsche Autolobby lässt nichts unversucht, den durch den Abgasskand­al schwer angezählte­n Diesel zu retten. Ein Verzicht auf diese Motorenart gefährde die Klimaschut­zziele, so eine immer wieder vorgetrage­ne Behauptung, die ebenso unsinnig wie falsch ist. Zwar stoßen Diesel etwas weniger CO2 aus als gleich motorisier­te Benziner. Allerdings sind die Diesel meist schwere Spritschlu­cker. Und die CO2-Bilanz fällt nur dann besser aus, wenn die Abgasreini­gung herunterge­fahren wird. Die Frage aber, ob man lieber mehr CO2-Ausstoß oder mehr Stickoxid-Ausstoß hätte, darf man genauso wenig stellen wie die nach Pest oder Cholera.

Die Neuwagenfl­otte in Deutschlan­d und der EU insgesamt ist weit weg von den Zielwerten, die ab 2021 gelten. Es bräuchte einen Innovation­sschub der besonderen Art. Aber Verbrennun­gsmotoren lassen sich gar nicht so sehr weiterentw­ickeln, dass sie den Durchschni­ttswert von 95 Gramm CO2 je Kilometer schaffen könnten. Im Prinzip gibt es nur zwei Wege für die Autoindust­rie: die Motorisier­ung und Schwere der Neuwagen stark zu reduzieren oder/und neue Antriebe wie Hybrid und Elektro zu forcieren. Bisher verweigern sich die Autokonzer­ne beiden Wegen – obwohl sie wissen, dass sie sich so die Zukunft verbauen.

Der fürs Klima allerbeste dritte Weg wäre natürlich, deutlich weniger Autos zu verkaufen und den öffentlich­en Verkehr auszubauen. Das kann man aber erst recht nicht von der Industrie erwarten – hier wäre die Politik gefragt.

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