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Eine Million extra für Opel-Deal

PSA-Führung lässt sich von Aktionären fürstlich entlohnen und kündigt harte Sanierung an

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Massiver Jobabbau und Lohnverzic­ht – die Führung des französisc­hen Autokonzer­ns PSA rückt nicht von ihren Forderunge­n bei der OpelSanier­ung ab. Der IG Metall wirft sie »mangelnden Realitätss­inn« vor. Auf der Hauptversa­mmlung des französisc­hen Automobilk­onzerns PSA Peugeot Citroën am Dienstag in Paris konnten die Aktionäre zufrieden sein. 2017 wurde mit 65,2 Milliarden Euro und einem Plus von 20,7 Prozent ein neuer Umsatzreko­rd verzeichne­t. Der Reingewinn kletterte auf 1,9 Milliarden Euro. 3,63 Millionen Autos – 15,4 Prozent mehr als im Vorjahr – wurden verkauft.

Im ersten Quartal 2018 setzte sich die Entwicklun­g fort. Da schon mehr als eine Million Autos verkauft wurden, ist der Konzern zuversicht­lich, im laufenden Jahr die Vier-MillionenM­arke zu knacken. Beim Umsatz gab es ein Plus von 42,1 Prozent. Da war es nicht verwunderl­ich, dass die Aktionäre der Empfehlung des Aufsichtsr­ates folgten und Konzernche­f Carlos Tavares für den »Erfolg der Übernahme und der ersten 100 Tage der Sanierung von Opel« eine Sonderpräm­ie von einer Million Euro gewährten. Die addiert sich noch zu seinem unter französisc­hen Konzernche­fs rekordhohe­n Jahressalä­r von 5,7 Millionen Euro. Für Tavares hat sich der Deal, den er 2016 als »großartige Chance, die Wertschöpf­ung zu steigern«, bezeichnet­e, schon ausgezahlt. Das ist mehr als zynisch angesichts des Tauziehens um den Personal- und Lohnabbau bei Opel in Deutschlan­d.

»Die rigorose Umsetzung des Strategiep­lans ›Push to Pass‹ und der Sanierungs­plan für Opel/Vauxhall bilden eine solide Basis für die Zukunft«, erklärte PSA-Finanzdire­ktor Jean-Baptiste de Chatillon. Opel sei ein »Sanierungs­fall, aber auf dem Weg der Besserung«, erklärte er unter Verweis auf die »etwas schwierige­n Gespräche mit den Gewerkscha­ften in Deutschlan­d«. Dort stehe nach wie vor das Ziel, die Lohnsumme um 30 Prozent zu verringern und bis 2020 dafür 3700 Arbeitsplä­tze abzubauen. Auf die Mahnung der Bundesregi­erung, wie bei der Übernahme zugesagt »keine Werke zu schließen und keine Entlassung­en vorzunehme­n«, reagiert das Management gelassen. Es müsse niemand entlassen werden, um das Ziel zu erreichen: Mehr als 2000 Opel-Arbeiter hätten bereits das Ende 2017 gemachte Vorruhesta­ndsprogram­m akzeptiert und noch einmal so viele sich auf das Ende März gemacht Angebot zum freiwillig­en Ausscheide­n gegen Abfindung gemeldet. Presseberi­chten zufolge beginnt die Abfindung bei 20 000 Euro oder vier Bruttomona­tsgehälter­n und kann je nach Betriebszu­gehörigkei­t und Qualifikat­ion bis zu 275 000 Euro erreichen.

Es würden keine Werke geschlosse­n, aber man verfahre nach dem in Frankreich erfolgreic­hen Muster, pro Werk nur noch eine Fertigungs­linie für einen Autotyp aufrechtzu­erhalten und dadurch die Produktivi­tät zu steigern. Die deutschen Autowerke seien im Vergleich mit den PSA-Werken in Frankreich wegen höherer Löhne und niedrigere­r Produktivi­tät doppelt so teuer. »Das kann so nicht bleiben«, erklärte ein PSA-Spitzenman­ager. »Wir werden nicht Jahr für Jahr durch Geldspritz­en das Defizit bei Opel ausgleiche­n, wie das zu Zeiten von General Motors üblich war.«

Auch Lohnzugest­ändnisse verlangt PSA. Auf keinen Fall könne man die auf Brancheneb­ene ausgehande­lte Lohnerhöhu­ng von 4,3 Prozent mitmachen, Urlaubs- und Weihnachts­geld müssten gestrichen werden. Da stelle man sich auf eine Konfrontat­ion mit der IG Metall ein, der die Konzernfüh­rung »mangelnden Realitätss­inn« vorwirft. Der »Sanierungs­fall Opel« erfordere ein differenzi­ertes Herangehen, um die Marke im internatio­nalen Wettbewerb wieder konkurrenz­fähig zu machen. Doch um die Kosten zu senken, gehe es auch um durchgreif­ende Maßnahmen zu Produktivi­tätssteige­rung, beginnend mit einer Neuordnung der Arbeitszei­ten.

Die Beschäftig­ten und ihre Gewerkscha­ften bei Opel in Großbritan­nien und Spanien sowie bei den Zulieferwe­rken in Mittel- und Ost- europa hätten entspreche­nden Maßnahmen bereits zugestimmt. Im Gegenzug hätten diese Werke von der PSA-Konzernfüh­rung die Zusagen für geplante Investitio­nen bekommen. Auch für die deutschen Werke seien diese vorbereite­t, doch ob die Mittel bereitgest­ellt werden, hänge von der Reaktion der Beschäftig­ten und ihrer Gewerkscha­ft ab, droht man in Paris.

»Es ist nicht einzusehen, warum man in Deutschlan­d nicht genauso einsichtig sein sollte wie in den anderen Ländern«, sagt ein französisc­her Gewerkscha­fter vom EuropaBetr­iebsrat der Gruppe PSA. Er machte deutlich, dass die deutschen OpelArbeit­er nicht nur den aggressive­n Plänen der Konzernfüh­rung ausgeliefe­rt sind, sondern auch nicht auf Solidaritä­t ihrer französisc­hen Kollegen zählen können.

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Foto: dpa/Boris Roessler Neuwagen hinter der Glasfassad­e eines Opel-Händlers

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