nd.DerTag

Höhere Steuer durch falsche Steuerdate­n

Urteil des Finanzgeri­chts Münster

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Falsche Meldungen der Lebensvers­icherer führen zu überhöhten Steuern und Sozialbeit­rägen.

Von Dr. Johannes Fiala und Peter A. Schramm

Das Finanzgeri­cht Münster hat mit Urteil vom 30. Januar 2018 (Az. 5 K 3324/16 E) entschiede­n, dass eine vor Altersrent­enbeginn endende Berufsunfä­higkeitsre­nte nicht entspreche­nd einer Basisrente zum größten Teil, sondern mit weit weniger als der Hälfte zu versteuern ist. Denn sie ist wie bei sonstigen Renteneink­ünften nur mit dem geringen Ertragsant­eil steuerlich als Einkommen zu erfassen. Das zuständige Finanzamt hingegen hatte sich auf die inhaltlich unzutreffe­nde elektronis­che Übermittlu­ng des Lebensvers­icherers berufen.

Finanzgeri­cht: Nur der Ertragsant­eil ist zu versteuern Der Bundesfina­nzminister (BMF-Schreiben vom 19. August 2013 und vom 10. Januar 2014, BStBl. I 2013, 1087 bzw. BStBl. I 2014, 70) hatte bereits 2013 geäußert, dass der Prämienant­eil für die Berufsunfä­higkeitszu­satzversic­herung (BUZ zur Basisrente) nicht wie Sonderausg­aben großteils bei der reinen Basisrente in der Einkommens­teuer abzugsfähi­g ist, wenn die Berufsunfä­higkeitsre­nte planmäßig vor Beginn der Altersrent­e endet oder etwa wenn deren Prämienant­eil höher als die Hälfte ist.

Gleichwohl hatte der Versichere­r die Prämien der BUZ mitgezählt und somit überhöht an das Finanzamt gemeldet, so dass es zu einem überhöhten Sonderausg­abenabzug kam. Endet eine BU-(Zusatz-)Versicheru­ng planmäßig vor dem Beginn der – nicht unmittelba­r anschließe­nden – Altersrent­e, so ist sie eben nicht wie eine (Basis-)Altersrent­e höher zu versteuern als nur mit dem niedrigen Ertragsant­eil. Ihr Beitrag kann dann auch nicht als Sonderausg­abe geltend gemacht werden. Dies gilt auch, wenn durch einen Fehler des Versichere­rs der Beitrag der BUZ als Sonderausg­abe dem Finanzamt gemeldet und steuerlich begünstigt wurde.

Auf den ersten Fehler (zu kurze BUZ-Leistung, fälschlich­e Meldung zum Sonderausg­abenabzug) setzte der Versichere­r einen zweiten Fehler beim Rentenbezu­g drauf, nämlich die Meldung, die Berufsunfä­higkeitsre­nte sei wie eine Basisrente und damit höher zu versteuern. Dem erteilte nun das Finanzgeri­cht Münster mit dem vorgenannt­en Urteil auf Einspruch des Versichert­en eine Absage und bestätigte, dass nur ein Bruchteil zu versteuern ist, nämlich der Ertragsant­eil.

Falsche Rentenbest­euerung auch bei der Basisrente?

Es wird sich – auch über die BUZ hinaus bei der Altersrent­e – in vielen Fällen lohnen die Voraussetz­ungen für die Besteuerun­g der Basisrente­n zu überprüfen. Denn wenn die strengen steuerlich­en Voraussetz­ungen zum Sonderausg­abenabzug nicht vorliegen, ist alles nur mit dem niedrigen Ertragsant­eil zu versteuern, auch wenn der Versichere­r fälschlich die Beiträge als Sonderausg­aben gemeldet hatte, was zu hohen Steuervort­eilen geführt habe.

Zertifizie­rt wird beispielsw­eise bei der Basis- bzw. Rürup-Rente nur das Produkt (§ 5a AltZertG). Dies bedeutet jedoch gerade nicht, ob der jeweilige konkrete Einzelvert­rag zum vollen Sonderausg­abenabzug berechtigt ist. So kann es beispielsw­eise vorkommen, dass im Todesfall eine Kapitalaus­zahlung an Bezugsbere­chtigte oder Hinterblie­bene vorgesehen wurde. Oder es wurde nur ein (nichteheli­cher) Partner und kein Lebenspart­ner als Hinterblie­bener vorgesehen. Oder der Vertrag ist übertragba­r oder vererblich gestaltet, die Rente beginnt zu früh oder kann sinken, oder es ist der falsche Versicheru­ngsnehmer oder Beitragsza­hler vereinbart.

Vertragspr­üfung vermeidet zu hohe Rentenbest­euerung In der Vergangenh­eit sind von Versichere­rn und Finanzverw­altungen Fehler gemacht worden. Diese haben, wie der Fall vor dem Finanzgeri­cht Münster zeigt, zu Weiterunge­n hinsichtli­ch fehlerhaft­er Beurteilun­gen und teuren Auswirkung­en für den Rentner geführt.

Es dürfte sich daher für Bezieher von Privat- oder auch Berufsunfä­higkeitsre­nten potenziell lohnen, die steuerlich­e Behandlung beim zuständige­n Finanzamt an Hand der eigenen konkreten Vertragsun­terlagen kritisch zu hinterfrag­en. Optimal erst im Rentenbezu­g unter Mitnahme vorher aufgrund der – nicht erkannten – Falschmel- dungen des Versichere­rs erzielten Steuervort­eile.

So werden Berufsunfä­higkeitsre­nten oft zunächst im Leistungsf­all auf bis zu einige Jahre befristet – dann kann für diese Zeit und analog danach ein geringerer der jeweiligen Dauer entspreche­nder Ertragsant­eil beim Finanzamt durchgeset­zt werden, auch wenn der Versichere­r einfach nur die planmäßige Gesamtdaue­r gemeldet hat.

Lohnenswer­t kann auch die versicheru­ngsmathema­tische Überprüfun­g der vom Versichere­r ermittelte­n anteiligen Besteuerun­g und Sozialabga­benbelastu­ng bei gemischt privat und als betrieblic­he Altersvers­orgung angesparte­n Rentenund Kapitalzah­lungen sein. Erfahrunge­n zeigen, dass bis an die 90 Prozent der Steuerbesc­heide fehlerhaft sind.

Unzulässig­e Abführung von Sozialvers­icherung

Auch sei in diesem Zusammenha­ng darauf verwiesen, dass es neben fehlerhaft­er steuerlich­er Behandlung auch dazu kommen kann, dass Beitragsza­hlungen oder Leistungen unzulässig mit Sozialabga­ben belastet werden. So behielt ein »Versorgung­swerk« auf Leistungen aus freiwillig­er privater Berufsunfä­higkeitsre­nte und/oder Rentensich­erung bei GKV-Versichert­en unzulässig Krankenkas­senbeiträg­e ein. Das ist eine illegale faktische Doppelverb­eitragung, wie das Bundessozi­algericht mit Urteil vom 10. Oktober 2017 (Az. B 12 KR 2/16 R) feststellt­e.

Der Autor Dr. Johannes Fiala ist geprüfter Finanz- und Anlagebera­ter und Bankkaufma­nn. Der Autor Peter A. Schramm ist Diplommath­ematiker und Sachverstä­ndiger für Versicheru­ngsmathema­tik in der PKV.

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Foto: dpa/Arno Burgi Erfahrunge­n besagen, dass bis zu 90 Prozent der Steuerbesc­heide fehlerhaft sind.

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