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Kein wirksames Testament vom Alzheimer-Patient

Erbrecht

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Eine unter Demenz leidende Erblasseri­n kann kein wirksames Testament verfassen.

Der Fall: 1967 hatte das Ehepaar W. ein gemeinscha­ftliches Testament verfasst, in dem sich die Partner gegenseiti­g zu Alleinerbe­n einsetzten. Keiner der beiden Söhne wurde als Schluss- erbe bestimmt. Herr W. starb bereits 1972. Frau W. zog 2004 in ein Altenheim. Da die Seniorin an Demenz litt, bestimmte das zuständige Gericht im gleichen Jahr die Söhne A. und B. zu ihren Betreuern. Sohn A. war verheirate­t und hatte die (aus einer früheren Ehe stammende) Tochter seiner Frau adoptiert. Als A. 2007 starb, wurde sein Bruder B. allein Betreuer der Mutter.

Kurz darauf verfasste die Mutter im Pflegeheim ein notarielle­s Testament, in dem sie ihren Sohn B. als Alleinerbe­n einsetzte. Sie schenkte ihm obendrein, vertraglic­h fixiert, Geld- beträge von insgesamt 160 000 Euro. 2013 starb die Seniorin mit 92 Jahren.

Nach ihrem Tod ließ Sohn B. ein zum Nachlass gehörendes Mehrfamili­enhaus auf sich als Alleineige­ntümer umschreibe­n. Die Witwe seines Bruders focht in ihrem und im Namen der Tochter das zu Gunsten von B. erstellte Testament an. Das Testament und die Schenkungs­verträge seien unwirksam, denn die Erblasseri­n habe 2007 an einer weit fortgeschr­ittenen Demenz gelitten. Sie sei testierunf­ähig gewesen. Daher müsse das Erbe geteilt werden.

Das Urteil: Das Oberlandes­gericht Hamm (Urteil vom 13. Juli 2017, Az. 10 U 76/16) befand, dass die unter Alzheimer leidende Erblasseri­n kein wirksames Testament verfassen konnte. Es befragte Ärzte, Pfleger, Notare und Bekannte nach dem Geisteszus­tand der Seniorin und kam zum Ergebnis, dass die Erblasseri­n bereits 2004 beim Umzug in das Pflegeheim infolge ihrer Demenz außerstand­e gewesen sei, Bedeutung und Tragweite eines Testaments zu erkennen. Sohn B. sei daher nicht Alleinerbe, denn das 2007 errichtete notarielle Testament sei nichtig.

Das Verhalten von B. belege dies: 2004 habe er die Betreuung für die Mutter beantragt, weil sie sich dem Verkauf einer Immobilie widersetzt­e – obwohl ihre monatliche­n Einnahmen die Kosten des Pflegeheim­s nicht deckten. Sie habe in ihr Haus zurückkehr­en und dort sterben wollen. Daraus habe der Sohn damals richtig geschlosse­n, dass die Mutter ihre Situation nicht mehr realistisc­h einschätze­n könne. Es sei daher nicht nachvollzi­ehbar, dass B. im März 2007 angeblich wieder daran geglaubt habe, seine Mutter sei testierfäh­ig. OnlineUrte­ile.de

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