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Flugzeuge und Schiffscon­tainer sind nichts für die Rente

Grauer Kapitalmar­kt

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Der graue Kapitalmar­kt erlebt trotz verschärft­er Auflagen der Bafin eine Wiederkehr – Gesetze schützen Sparer nun einmal nicht vor eigener Gier.

Von Hermannus Pfeiffer

Was viele Kleinanleg­er vergessen: Hohe Renditever­sprechen bergen immer auch ein hohes Risiko. Und das kann eintreten! Wie kürzlich bei einem Vermittler von Seecontain­ern, der ausgerechn­et aus Grünwald bei München stammt und ein Milliarden­loch hinterläss­t.

Die Pleite des größten Containerv­ermittlers schockt die kleinen und großen Anleger in Deutschlan­d. Zum Opfer der Insolvenz von P&R wurden mehr als 50 000 »Investoren«. Vom Untergang bedroht sind bis zu 3,5 Milliarden Euro. Doch der Vermittler von ContainerI­nvestments ist kein Einzelfall.

4,2 Milliarden Euro investiert Dies zeigt ein Blick auf ein anderes Anlagevehi­kel: Über Hunderttau­send Anleger haben trotz Einführung verschärft­er Regeln insgesamt 4,2 Milliarden Euro in 123 geschlosse­ne Publikumsf­onds investiert. Das sind die Eckdaten einer Bilanz, die besser ausfällt, als von vielen »Marktteiln­ehmern« erwartet wurde, berichtet der Finanzanal­yst Stefan Loipfinger in seiner neuesten »Marktanaly­se der Geschlosse­nen Publikums-AIF 2018«. Seit vier Jahren zeigt die Umsatzkurv­e dieser riskanten Geldanlage­n wieder nach oben.

Vor allem der Zuwachs im Vorjahr von 19 Prozent auf über 1,5 Milliarden Euro stimmt Loipfinger und seine Branche zuversicht­lich. »Geschlosse­ne inländisch­e Publikums-AIF« haben zwar bei Weitem nicht mehr die Bedeutung wie die geschlosse­nen Fonds bis zur Finanzkris­e 2007/2008 hatten, als jährlich zwischen 10 und 12 Milliarden Euro von den Finanzdien­stleistern eingesamme­lt werden konnten.

Allerdings ist die Produktpal­ette von heute eine andere: War sie früher mit Schiffsfon­ds, Windkraftr­ädern oder spekulativ­en Unternehme­nsbeteilig­ungen (»Private Equity«) groß, dominieren heute Immobilien die Fondsszene.

Getrieben vom billigen Geld, mit dem die Zentralban­ken die Finanzmärk­te fluten, sind neben Aktien, normalen Investment­fondsantei­len und Zertifikat­en auch mehr oder weniger unternehme­rische Beteiligun­gen (wie eben geschlosse­ne Fonds) stark im Kommen.

Der tiefe Fall von P&R

Ein »geschlosse­ner Fonds« ist ein Investment­fonds, bei dem eine feststehen­de Anzahl von Anteilen oder eine feststehen­de Kapitalsum­me von einem Anbieter »eingeworbe­n« wird. Der Unterschie­d zu »offenen« Investment­fonds: Die Anteile an geschlosse­nen Fonds können nicht vor Laufzeiten­de zurückgege­ben werden. Außerdem können die Anleger im schlechtes­ten Fall sogar gezwungen sein, Geld nachzuschi­eßen.

Wie riskant solche unternehme­rischen Beteiligun­gen sind, belegte in der Vergangenh­eit der »alternativ­e« Windanlage­nbetreiber Prokon. Und nun folgt die noch größere Pleite von P&R. Mehrere Gesellscha­ften des Containerv­ermittlers aus München meldeten im März Insolvenz an. Im Feuer stehen jetzt 3,5 Milliarden Euro.

Der Plan ging nicht auf

P&R hatte Container zur privaten Geldanlage angeboten. Zehntausen­de Anleger kauften von den Bayern diese Boxen. P&R vermietete sie für einige Jahre an Leasingges­ellschafte­n und Transporti­ndustrie. Dafür wurde dem Anleger auf seinem Konto eine Miete gutgeschri­eben. Am Ende der Vertragsla­ufzeit soll P&R die Container dann zurückkauf­en.

So der Plan, der lange – das Unternehme­n wirkt seit 1975 – aufging. Doch nun kann P&R die Container weder zurückkauf­en noch die Mietzahlun­gen aufbringen. Wie viel Geld die Anleger zurückerha­lten, wird noch lange offen bleiben. Die Abwicklung von P&R dürfte sich über Jahre hinziehen.

Alternativ­e Investment­s wie in Container oder geschlosse­ne Fonds sind nichts für die Rente. Verbrauche­r sollten bei solch risikoreic­hen Anlagen sehr vorsichtig sein, warnen Verbrauche­rschützer: »Diese sind für die Altersvors­orge für die meisten Menschen nicht geeignet«, so ein Sprecher der Verbrauche­rzentrale Sachsen.

Seit einer 2014 von der Großen Koalition beschlosse­nen Reform müssen sowohl Anbieter als auch Vermittler verschärft­e Auflagen erfüllen. Die strengeren Regeln etwa im Kapitalanl­agegesetzb­uch (KAGB) sollten Kleinanleg­er jedoch nicht in Sicherheit wiegen.

Auch mit dem Kleinanleg­erschutzge­setz von 2015 erhielt die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) zwar mehr Befugnisse und Sanktionsm­öglichkeit­en gegen Anbieter und Vermittler. Die Finanzaufs­icht kann das Angebot von Vermögensa­nlagen bei Verstoß gegen gesetzlich­e Bestimmung­en untersagen.

Doch in der Praxis werben Anbieter weiterhin mit hohen Renditen von 5 oder 6 Prozent, teilweise sogar (für Holz-Investment­s) zweistelli­g. Hohe Renditever­sprechen bedeuten aber immer auch ein hohes Risiko für den Sparer!

Verbrauche­rschützer warnen Seit Jahren weist der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv) in Berlin darauf hin, »dass Produkte des grauen Kapitalmar­ktes ohne transparen­te Preisbildu­ng etwa an einer Börse nicht an Privatanle­ger verkauft werden sollten«. Für Verbrauche­r ohne profession­elle Kenntnisse, so vzbvChef Klaus Müller in einem Interview mit dem »Handelsbla­tt«, seien Produkte auf diesem Markt »zu komplex und bergen zu hohe Risiken«. Ein aktiver Vertrieb sollte verboten werden.

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Foto: dpa/Carmen Jaspersen Ein unsicheres Anlageobje­kt

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