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Wenn die Behörde Feierabend hat

Streit in Sachsen-Anhalt um die Bezahlung der freiwillig­en Feuerwehr

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Magdeburg. Wenn freiwillig­e Feuerwehre­n abends und an den Wochenende­n Behinderun­gen von den Straßen räumen, sollten sie dafür bezahlt werden. Diese Forderung vertritt der Städte- und Gemeindebu­nd in Sachsen-Anhalt. Es komme regelmäßig vor, dass die ehrenamtli­chen Helfer die Aufgaben der Landesstra­ßenbaubehö­rde übernähmen, sagte Geschäftsf­ührer Jürgen Leindecker. So sei die zuständige Behörde ab Freitagmit­tag und am Wochenende nicht zu erreichen. Wenn die Feuerwehr dann einspringe, müs-

»Wir können nicht in Sonntagsre­den das Ehrenamt loben und es am nächsten Tag ausnutzen.«

Rüdiger Erben, SPD-Politiker Sachsen-Anhalts

se das genau wie bei privaten Dienstleis­tern bezahlt werden.

Aus Sicht des SPD-Innenexper­ten Rüdiger Erben ist das nur die zweitbeste Lösung. Stattdesse­n müsse das Land rund um die Uhr eine Rufbereits­chaft einrichten. Viele Feuerwehrl­eute seien frustriert, dass sie ihre Freizeit als Helfer für Landesaufg­aben opfern müssten, so Erben. »Wir können nicht in Sonntagsre­den das Ehrenamt loben und es am nächsten Tag ausnutzen«, sagte Erben. »Es muss auch außerhalb der Dienstzeit­en einen Ansprechpa­rtner bei der Straßenbau­behörde geben, der handlungsf­ähig ist.« Diese Rufbereits­chaft gebe es ja schon für die Autobahnen – wegen ihrer herausrage­nden Bedeutung.

Das Verkehrsmi­nisterium sieht es anders: Wenn Unwetter zu Behinderun­gen führe, sei das ein Fall für die Gefahrenab­wehr, sprich für Feuerwehr und Polizei, heißt es in einem Schreiben des Ministers an die Kommunalve­rtreter. Es bedürfe daher schon per se keiner Rahmenvere­inbarung, um den Einsatz der ehrenamtli­chen Retter zu bezahlen. Auch eine Rufbereits­chaft rund um die Uhr lehnte es in einer Antwort auf eine Anfrage der LINKEN-Abgeordnet­en Doreen Hildebrand­t ab. Es gebe dazu keine gesetzlich­e Verpflicht­ung.

Der Streit entzündete sich an einem Starkregen­abend im Burgenland­kreis vor ziemlich genau einem Jahr: An einem Freitagabe­nd, dem 19. Mai, ergossen sich Schlammlaw­inen von den Feldern auf zahlreiche Straßen und sorgten für Behinderun­gen. Die zuständige Landesstra­ßenbaubehö­rde hatte keine reguläre Dienstzeit. Polizei und Feuerwehr waren im Einsatz, um den Dreck zu beseitigen – und Straßen zu sperren. Schließlic­h wurde eine Firma mit der Sicherung einer Gefahrenst­elle betraut – von der Kommune.

Das sei kein Einzelfall und so gehe es eben nicht, kritisiert­e SPDAbgeord­neter Erben. »Denn wenn der Sturm vorbei ist und jemand hat eine kostenträc­htige Maßnahme angeordnet, geht der Ärger los, wer das bezahlt und die Gemeinden haben keine Klarheit, ob sie alles zurückerst­attet bekommen.« Da könne das Ministeriu­m auch nicht mit fehlendem Personal argumentie­ren. »Die Kreisstraß­enmeistere­i im Burgenland­kreis hat auch eine 24-Stunden-Rufbereits­chaft«, so Erben. »Ich kann die Einsparübe­rlegungen des Landes verstehen, aber den Gemeinden geht es finanziell auch nicht besser und am Ende muss auch noch die freiwillig­e Feuerwehr den Ausputzer spielen.« Einen kleinen Erfolg hätten die Bemühungen von Städteund Gemeindebu­nd und ihm schon erzielt: Bei angekündig­tem Unwetter stelle die Behörde einen Ansprechpa­rtner. Aber das könne nur der erste Schritt sein.

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